Bürgerschaft diskutiert Brechmitteleinsatz in Hamburg: Dealer für tot erklärt

Hamburg (rpo). Drei Tage nach der zwangsweisen Verabreichung eines Brechmittels ist ein mutmaßlicher Rauschgifthändler am Mittwoch in Hamburg gestorben.

Das teilte die Sprecherin des Universitätskrankenhauses Hamburg-Eppendorf (UKE) am Nachmittag mit. Der aus Kamerun stammende 19-Jährige war nach der Einnahme des Brechsirups am Sonntag zusammengebrochen. Sein Herz blieb vorübergehend stehen, als Folge erlitt der junge Mann schwere Hirnschäden. Am Mittwoch wollte das Hamburger Parlament, die Bürgerschaft, in einer Aktuellen Stunde über die Brechmitteleinsätze debattieren.

"Leider haben alle ärztlichen Bemühungen das Leben dieses Patienten nicht retten können", sagte der Direktor der Klinik für Anästhesiologie des UKE, Professor Jochen Schulte am Esch. Nach dem Brechmitteleinsatz im Institut für Rechtsmedizin lag der 19-Jährige in tiefem Koma und erlangte "trotz weitgehender intensivmedizinischer Maßnahmen" das Bewusstsein nicht wieder, wie das UKE mitteilte. Die Staatsanwaltschaft hat eine Obduktion der Leiche angeordnet. Diese werde in einer anderen Klinik gemacht.

Trotz des Zwischenfalls will der Hamburger Senat weiter an der bisherigen Praxis festhalten. Senatssprecher Christian Schnee berichtete, bei einer Senatssitzung am Dienstag habe Einigkeit darüber bestanden, dass das Brechmittel "mit aller Sorgfalt wie bisher" verabreicht werde. Laut Justizbehörde hat es auch nach dem Zusammenbruch des 19-Jährigen weitere Brechmitteleinsätze gegen Dealer in Hamburg gegeben.

Der 19-Jährige war festgenommen worden, in seinem Magen- und Darmtrakt wurden 41 geschluckte Rauschgiftkugeln gefunden. Er wehrte sich heftig gegen das gewaltsame Einflößen des Brechsirups mit Hilfe einer Magensonde. Warum er danach zusammenbrach, war noch nicht geklärt.

Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, sieht keine Alternativen zu dem Einsatz von Brechmitteln bei der Drogenfahndung. In einem Interview mit dem Radiosender WDR 5 betonte der Gewerkschaftschef: "Das sind gewerbsmäßige Drogendealer, die ihre Drogen herunterschlucken. Und die Polizei braucht diese Drogen als Beweismittel". Der in Hamburg eingesetzte Sirup "Ipecacuanha" sei "medizinisch nicht angreifbar" und hinterlasse keine Schäden, sagte Freiberg.

(RPO Archiv)
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