Zuspitzung der Lage in britischer Provinz Nordirland: Waffenruhe teilweise beendet

London/Belfast (rpo). Erneuter Rückschlag für den Friedensprozess in Nordirland. Erstmals seit 1994 hat die britische Regierung hat den bestehenden Waffenstillstand für paramilitärische Gruppen teilweise aufgehoben.

Nordirland-Minister John Reid gab am Freitagabend seine Entscheidung bekannt, den Waffenstillstand für zwei extremistische pro-britische Organisationen für ungültig zu erklären.

Die Ulster Defence Association (UDA) und die Loyalist Volunteer Force (LVF) hätten die Waffenruhe systematisch verletzt, gab Reid bekannt. Ihm lägen ferner klare Informationen darüber vor, dass die LVF für die Ermordung des Journalisten Martin O´Hagan vor zwei Wochen verantwortlich sei. "Die Geduld der Bevölkerung Nordirlands ist zu Ende", sagte Reid.

Der Polizeichef der Provinz, Ronnie Flanagan, habe ihm Informationen über die Verwicklung der LVF an der Erschießung des 51- Jährigen O´Hagan vorgelegt. Der Journalist der Dubliner Zeitung "Sunday World" war in der Stadt Lurgan auf offener Straße erschossen worden, als er mit seiner Frau von einem Pub nach Hause ging. Die Mörder schossen aus einem Auto.

Es ist das erste Mal, dass die Londoner Regierung den im Herbst 1994 ausgerufenen Waffenstillstand katholischer und protestantischer paramilitärischen Gruppen für teilweise ungültig erklärt. Sowohl die UDA als auch die LVF sind für ihre brutalen Aktionen berüchtigt. Sie hatten sich aber zum Waffenstillstand bereit erklärt, nachdem die katholische Irisch-Republikanische Armee (IRA) zuerst eine Waffenruhe aufgerufen hatte.

Reid schloss nicht aus, dass die Anhänger der beiden Gruppen möglicherweise mit Gewalt reagieren werden. "Aber es gibt eine Grenze dessen, was die Gesellschaft tolerieren kann, und diese Grenze ist erreicht", sagte der Minister.

Die katholische Partei Sinn Fein von Gerry Adams und die sozialdemokratische SDLP begrüßten am Abend die Entscheidung. Dagegen erklärte John White, Vorsitzender der UDA-nahen Ulster Democratic Party, Mitglieder und Anhänger der beiden Organisationen könnten mit Gewalt auf die Ankündigung reagieren.

(RPO Archiv)
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