Union und FDP sprechen von "Gift für die Konjunktur" Regierung hält an Steuererhöhungen fest

Berlin (rpo). Trotz heftiger Kritik der Opposition hält die Bundesregierung daran fest, ihr Anti-Terror-Paket über höhere Verbrauchssteuern zu finanzieren.

SPD und Grüne brachten am Freitag im Bundestag ein entsprechendes Gesetz ein. Die Regierung bezeichnete die geplante Anhebung der Tabak- und Versicherungssteuer als alternativlos. Sie appellierte an die Opposition, ihren Widerstand aufzugeben.

Die Unterstützung im Bemühen um mehr Sicherheit für die Bürger dürfe nicht aufhören, "wenn es ein bisschen unangenehmer wird", sagte die parlamentarische Finanz-Staatssekretärin Barbara Hendricks (SPD). Es handele sich um "sehr überschaubare Steuererhöhungen". Eine normal versicherte Familie müsse 15 Mark mehr pro Jahr zahlen.

Die Auswirkungen der geplanten Steuererhöhung auf die Konjunktur blieben heftig umstritten. Union und FDP bezeichneten das Vorhaben als "Gift für die Konjunktur". Hendricks sagte dagegen, die Einnahmen von drei Milliarden Mark seien - gemessen am Bruttoinlandsprodukt - eine Marginalie ohne Einfluss auf das Wirtschaftswachstum.

Das erste Anti-Terror-Paket soll drei Milliarden Mark (1,53 Mrd. Euro) kosten. Die Koalition will dazu kommendes Jahr die Steuer auf Tabak um vier Pfennig (zwei Cent) je Zigarette und die auf Versicherungen von 15 auf 16 Prozent erhöhen. Der Bundesrat muss nicht zustimmen.

Hendricks erklärte, möglicherweise werde im Jahr 2003 mehr Geld eingenommen als drei Milliarden Mark. Je nach Bedarf werde dann entschieden, wofür die Zusatzeinnahmen ausgegeben würden. SPD-Finanzexperte Joachim Poß sagte, Union und FDP hätten in ihrer Regierungsverantwortung 1991 Steuern um jährlich 27 Milliarden Mark erhöht. Deutschland habe der Golf-Krieg aber nur 17 Milliarden Mark gekostet.

Kritik auch von der PDS

Scharfe Kritik kam von von Union und FDP. Die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Gerda Hasselfeldt, sagte, es seien Mehreinnahmen von mindestens sechs Milliarden Mark zu erwarten. Mit den Zusatzeinnahmen wolle Finanzminister Hans Eichel "selbst verschuldete Haushaltslöcher" stopfen. Der Kaufkraftentzug durch die Steuererhöhungen belaste die Inlandsnachfrage. Die Ankündigung komme zu einem völlig falschen Zeitpunkt. Bereits heute sei klar, dass die Wirtschaft dieses Jahr nur um 0,8 Prozent wachse.

FDP-Haushaltsexperte Günther Rexrodt betonte, die drei Milliarden Mark hätten durch Umschichtungen im Haushalt frei geschaufelt werden können und müssen. Der Kaufkraftentzug sei jetzt schon sichtbar: "Die Warenhäuser sind leer. Es wird nichts mehr gekauft." Die Steuererhöhungen seien ein "schwerer wirtschaftspolitischer Fehler und Ausdruck von Arroganz und Selbstherrlichkeit" der Koalition.

Umschichtungen abgelehnt

Die PDS-Abgeordnete Christa Luft mutmaßte, Eichel wolle mit den Einnahmen "die missliche Lage seines Haushalts kaschieren". Umschichtungen im Etat lehne die PDS ab, "wenn damit ein Aderlass bei Arbeit und Soziales gemeint ist". Sozial Schwache dürften nicht Maßnahmen für mehr Sicherheit bezahlen.

Die Finanzsprecherin der Grünen, Christine Scheel, machte die Weltkonjunktur für die schwache Entwicklung der deutschen Wirtschaft verantwortlich. Sämtliche Forderungen der Opposition kosteten 115 Milliarden Mark jährlich. Union und FDP müssten ehrlich sagen, dass dies nur durch mehr Schulden oder höhere Steuern zu bezahlen sei.

(RPO Archiv)
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