Brüssel Slowakei führt den EU-Rat und will mehr Mitsprache

Bratislava · Die EU steckt tief in der Krise und soll sich in den nächsten Monaten eine Zukunft ohne Großbritannien zimmern. In dieser Situation übernimmt die Slowakei die Ratspräsidentschaft. Ihr könnte eine wichtige Rolle zukommen.

 Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico bei seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico bei seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Foto: dpa, car lof

Mitten in der Krise nach dem Brexit-Votum hat die Slowakei am Freitag die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union übernommen. Ministerpräsident Robert Fico will sich nach eigenen Worten für mehr Bürgernähe und mehr eigene Entscheidungsbefugnis der Mitgliedsstaaten einsetzen.

Große Mitgliedsstaaten wie Deutschland, Frankreich und Italien müssten mehr auf kleinere Länder wie die Slowakei hören. "Die wichtigen Entscheidungen über die Zukunft Europas können nicht von einem oder zwei Mitgliedstaaten vorgegeben werden, auch nicht von den Gründerstaaten", sagte Fico in Bratislava.

Sein Land ist erst seit der Trennung von Tschechien 1993 selbstständig und trat der EU 2004 bei. Die 5,4 Millionen Einwohner machen gut ein Prozent der EU-Bevölkerung aus. Für die nächsten sechs Monate führt es den Ratsvorsitz, den die Niederlande zur Jahresmitte abgaben.

Die Staatengemeinschaft ist seit der Entscheidung der Briten für einen Austritt vor einer Woche in Turbulenzen. Die EU verliert durch den Brexit ihre zweitgrößte Wirtschaftsmacht. Im September sollen die verbleibenden 27 Mitgliedsländer in Bratislava beraten, wie es weiter geht. "Können wir Erfolg haben, indem wir politische Konzepte verkaufen, die nicht funktionieren?", fragte Fico rhetorisch.

Die Slowakei sieht auch die Rolle der EU-Kommission kritisch, die seit dem Vertrag von Lissabon 2009 mehr politischen Einfluss hat. "Unter den Mitgliedstaaten gibt es ein Gefühl, dass sie übergangen werden", sagte Außenminister Miroslav Lajcak. "Die Politik sollte von den Mitgliedsstaaten vorangetrieben werden und die Kommission sollte sie in Gesetze gießen."

Die Mitgliedstaaten sollten mehr Macht haben, weil "hier die Bürger leben, sie leben nicht in den Institutionen", fügte er hinzu. Die schwindende Unterstützung für die EU schrieb er auch den Abläufen in Brüssel zu. "Es hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass zu viel den Institutionen (überlassen bleibt) und zu wenig den Mitgliedsstaaten."

Die slowakische Regierung stemmt sich vor allem gegen die EU-Linie in der Flüchtlingspolitik, die Hunderttausenden Asylbewerber mit Quoten auf die Mitgliedstaaten zu verteilen. Die Slowakei war zusammen mit Ungarn in einer kleinen Gruppe Länder, die in der Frage überstimmt wurden.

(rent/ap)
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