Präsident knöpft sich Minister Schäuble vor Die Nerven der Griechen liegen blank

Athen · "Ich kann nicht hinnehmen, dass Herr Schäuble mein Land beleidigt" - mit diesen Worten macht Griechenlands Staatspräsident seinem Unmut laut Luft. Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Griechen über die Auflagen der EU und insbesondere über Deutschland empören. Die Nerven liegen immer mehr blank.

Athen: Ausschreitungen vor Entscheidung über Sparpaket
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"Wer ist Herr Schäuble, dass er Griechenland kränkt?", so Karolos Papoulias während eines Mittagsessens mit dem Verteidigungsminister und Spitzenvertretern des Militärs. "Wer sind die Niederländer? Wer sind die Finnen?" Und der 82-jährige Präsident fügte hinzu: "Wir waren stets stolz nicht nur auf die Verteidigung unserer Freiheit, sondern auch auf jene Europas."

Das Staatsoberhaupt Griechenlands bezieht sich in seiner Empörung auf eine Drohung Deutschlands und nördlicher Geberstaaten, dass das nächste Hilfspaket bis nach der für April angedachten Wahl verschoben werden könnte. Denn das Misstrauen aufseiten der EU ist groß. Immer wieder floss Geld nach Athen, die Reformen aber wurden eher halbherzig angegangen. Auch das Ringen um das letzte Sparpaket wurde skeptisch in Brüssel beobachtet. "Man traut den Griechen nicht, das ist das größte Probelm", hieß es in Diplomatenkreisen in Brüssel.

Schäuble für Wahlverschiebung

Schäuble selbst hatte im SWR erklärt, die Euro-Länder seien weiter bereit, Athen zu unterstützen, aber man könne nicht "in ein Fass ohne Boden schütten". Zudem hatte er für eine Verschiebung der Parlamentswahlen plädiert. Der Wahltermin sei "sehr bedenklich", sagte er im SWR.

Doch nicht nur innerhalb der EU wächst das Misstrauen. In Griechenland ist es ähnlich. Bei der Bevölkerung ist der Unmut schon lange groß. Erst war es die Regierung, die dies zu spüren kam durch massive Proteste und Generalstreiks. Seit diese abgewählt wurde, richtet sich die Kritik immer mehr an jene, die dem Land finanziell unter die Arme greifen wollen.

Denn die harten Sparauflagen, die die Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) zur Bedingung machen für neue Hilfen, verkraften viele Menschen nicht mehr. Junge Griechen müssen wieder bei den Eltern einziehen, mancher Senior weiß nicht, wie er mit der stark gekürzten Rente auskommen soll. Die Wirtschaft des Landes liegt am Boden statt sich langsam wieder zu erholen. Es scheint ein Teufelskreis zu sein, aus dem das Land so schnell nicht herauskommt.

"Sie sind wie Raubvögel"

Und so lassen die Griechen nun in voller Bandbreite ihren Unmut über das europäische Ausland freien Lauf. Vor allem die Deutschen, die immer wieder Meinungs- und auch Entscheidungsführer sind angesichts der Euro-Krise bekommen dies überdeutlich zu spüren. So etwa bei den diversen Generalstreiks, wo Spruchbänder mit Aufschriften wie "Nieder mit der Erpressung durch die Troika" oder "Sie ruinieren unser Leben" gezeigt werden. "Sie sind wie Raubvögel", sagte ein Demonstrant vor Kurzem auf einer Demonstration mit Hinblick auf die Deutschen.

Den vorläufigen Höhepunkt aber gab es, als bei einem Generalstreik die deutsche Flagge verbrannt wurde und "Nazis raus"-Rufe ertönten. In griechischen Zeitungen wurde zudem eine Fotomontage der deutschen Bundeskanzlerin veröffentlicht - mit einer Naziuniform.

Aber auch bei den griechischen Politikern selbst machte sich bereits länger Unbehagen breit über die Art und Weise, wie vonseiten der Troika mit Griechenland verfahren werde. Der Finanzminister etwa glaubte, einige Länder wollten Athen aus der Eurozone werfen. "Es gibt viele in der Eurozone, die uns nicht mehr wollen", so Evangelos Venizelos. Und nun also der Staatspräsident. Das Misstrauen jedenfalls ist da - auf beiden Seiten. Und es wird so schnell nicht verschwinden.

(das)
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