Die letzte Chance für Griechenland Abstimmung über Sparpaket - Heute muss Athen liefern

Athen · In der griechischen Hauptstadt wächst die Spannung: Das griechische Parlament beginnt am Sonntagmittag (13 MEZ) mit der Debatte über das neue harte Sparpaket von Ministerpräsident Lucas Papademos. Nach Angaben des Pressebüros des Parlamentes soll die eigentliche Abstimmung dann, wie oft bei überragenden Themen in Griechenland, um Mitternacht (23 Uhr MEZ) erfolgen.

Der Wahlleiter wird die Namen der Abgeordneten einzeln ausrufen. Diese müssen dann aufstehen und mit Ja oder Nein abstimmen oder sich der Stimme enthalten. Angesichts einer der wichtigsten Abstimmungen in der jüngeren Geschichte des Landes herrscht in Griechenland Sorge vor der Zukunft.

"Erdbeben!" titelte das Sonntagsblatt "To Vima". Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, wie man sie bislang kannte, würden mit dem neuen Sparprogramm "kurz und klein" geschlagen, kommentierte das Blatt.

Zustimmung gilt als sehr wahrscheinlich

Eine Zustimmung des Parlaments zum Sparpaket gilt mit Blick auf die Mehrheitsverhältnisse in Athen als sehr wahrscheinlich. Für die Billigung ist eine Mehrheit der anwesenden Abgeordneten notwendig Das Parlament hat 300 Sitze. Die Sozialisten und die Konservativen, die die Regierung der parteilosen Ministerpräsidenten Lucas Papademos unterstützen haben insgesamt 236 Abgeordnete. Obwohl man mit vielen Abweichlern rechnet, gehen alle Beobachter davon aus, dass das neue harte Sparprogramm in der Nacht zum Montag mit einer klaren Mehrheit gebilligt wird.

Sollten viele Abgeordnete nicht erscheinen, dann würde auch die Mehrheit der Anwesenden reichen. Es dürften aber keinesfalls weniger als 120 Ja-Stimmen sein, wie das Pressebüro des Parlamentes mitteilte.

EU und IWF erwarten klare Mehrheit

Die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) erwarten eine klare und überragende Mehrheit für das Sparpaket. Die Euro-Finanzminister wollen sich am Mittwoch (15.2.) erneut treffen, um das zweite, 130 Milliarden Euro umfassende Hilfspaket für Griechenland zu bestätigen. Es umfasst neue öffentliche Hilfen von 100 Milliarden Euro, dazu kommen 30 Milliarden Euro zusätzliche Garantien zur Absicherung des Schuldenschnitts.

Das hoch verschuldete Land hängt bereits seit 2010 am internationalen Finanztropf. Die damals zugesagten Hilfskredite im Umfang von 110 Milliarden Euro reichen aber längst nicht mehr aus. Damals handelte es sich um bilaterale Vereinbarungen, das zweite Hilfspaket soll vom Euro-Rettungsfonds EFSF kommen.

Das zur Abstimmung stehende Sparpaket enthält das Sparprogramm selbst, sowie Vollmachten für Papademos und dessen Finanzminister Evangelos Venizelos, alle internationalen Verträge dazu zu unterzeichnen; schließlich gehört die Billigung der Beteiligung des privaten Sektors an einem Schuldenschnitt im geplanten Umfang von 100 Milliarden Euro dazu. Die komplizierten Umsetzungsgesetze des Sparprogramms, etwa zu Kürzungen der Löhne und der Renten sowie Entlassungen von Staatsbediensteten sollen in den kommenden Wochen gebilligt werden. Auch die Einzelheiten des Forderungsverzichts der privaten Gläubiger ("Private Sector Involvement", PSI) sind noch nicht bekannt.

Papademos warnt Staatspleite

Am Vorabend hatte Papademos erneut vor den dramatischen Folgen einer Staatspleite gewarnt: Die Zahlungsunfähigkeit würde ein "ökonomisches Chaos" und eine "soziale Explosion" auslösen. "Der Staat würde Löhne und Renten nicht zahlen und die Krankenhäuser und die Schulen würden nicht funktionieren können." Massenweise würden Unternehmen schließen, hieß es. Die Griechen würden verelenden. Zuvor hatten die Parteichefs des Regierungslagers, der Sozialist Giorgos Papandreou und der Konservative Antonis Samaras, ihre Abgeordneten auf das Sparpaket von Ministerpräsident Lucas Papademos eingeschworen.

Die Athener Sonntagszeitung "To Thema" listete am Sonntag ein mögliches Szenario für den Pleitefall auf, das ein hoher Regierungsfunktionär den griechischen Parteichefs in den vergangenen Tagen präsentiert haben soll: In den ersten 72 Stunden sei demnach mit einem Sturm der Bürger auf die Banken zu rechnen. Binnen zwei Wochen komme es zu Knappheiten bei der Treibstoffversorgung. Die Staatsbediensteten erhielten am Monatsende kein Geld. Drei Monate danach gibt es weitreichende Unterbrechungen bei der Stromversorgung. Sechs Monate danach explodiere die Kriminalität; das Ausland müsse humanitäre Hilfe leisten. Ein Jahr danach breche die Verteidigung des Landes zusammen. Die Arbeitslosigkeit steige auf mehr als 35 Prozent.

(dpa)
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