Generalstreik und Proteste in Griechenland Athen lässt Krisen-Treffen platzen

Athen · Ein ursprünglich noch für (den heutigen) Dienstagabend geplantes Treffen der griechischen Koalitionsspitzen mit Ministerpräsident Lukas Papademos zu Beratungen über die von der Troika geforderten Reformen ist auf Mittwoch vertagt worden. Dies berichteten griechische Medien am Abend. In der Bevölkerung regte sich heftiger Protest gegen das Sparpaket. EU-Kommissarin Kroes erklärte unterdessen, ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone "wäre keine Katastrophe".

Athen: Demonstranten zünden deutsche Flagge an
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Ein Generalstreik legte weite Teile des öffentlichen Lebens lahm, und zehntausende Demonstranten versammelten sich in den Straßen von Athen. Während in Griechenland noch um eine Einigung gerungen wurde, spekulierte EU-Kommissarin Neelie Kroes über einen Austritt Griechenlands aus der Währungsgemeinschaft.

Bis zu 20.000 Menschen protestierten nach Polizeiangaben am Dienstag in Athen abermals gegen die Sparmaßnahmen der Regierung. Eine von zwei Demonstrationen mit je rund 10.000 Teilnehmern verlief friedlich, bei der zweiten kam es vor dem Parlamentsgebäude zu Zusammenstößen mit der Polizei. Einige der Demonstranten verbrannten eine deutsche Flagge und riefen "Nazis raus". Festnahmen oder Verletzte wurden zunächst nicht gemeldet.

"Sie begehen Verbrechen am Staat", sagte Vangelis Moutafis, ein führendes Mitglied der größten griechischen Gewerkschaft. Arbeitnehmer, Rentner und Arbeitslose würden in die Armut getrieben, sagte er. Der Generalstreik legte landesweit den Zug- und Fährverkehr lahm. Viele Schulen und Banken blieben geschlossen, staatliche Krankenhäuser hielten nur einen Notbetrieb aufrecht.

Griechenland stimmte bereits zahlreichen Forderungen zu

Bislang stimmte die griechische Regierung den Forderungen von IWF, Europäischer Zentralbank (EZB) und EU zu, in diesem Jahr 15.000 Stellen im öffentlichen Dienst abzubauen, die Ausgaben um 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken, die Wettbewerbsfähigkeit durch Lohnkürzungen und Senkung der Lohnnebenkosten zu steigern und die Kapitaldecke der griechischen Banken zu erhöhen, ohne sie zu verstaatlichen.

"Dem griechischen Volk wird ein hoher Druck auferlegt", sagte Finanzminister Evangelos Venizelos in einer Pause der Verhandlungen mit den Schuldeninspekteuren am späten Montagabend. "Griechenland zu retten wird hohe soziale Kosten und Opfer mit sich bringen", erklärte er. Sollten die Verhandlungen scheitern, würde ein Staatsbankrott aber zu noch höheren Opfern führen, sagte der Minister.

EU-Internetkommissarin Kroes erklärte am Dienstag in der niederländischen Zeitung "De Volkskrant", ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone wäre keine Katastrophe. Es werde immer gesagt, dass beim Austritt eines Landes die gesamte Struktur zusammenbrechen werde. "Aber das ist einfach nicht wahr", sagte sie.

EU-Kommissionschef José Manuel Barroso sah sich genötigt, die Kommissions-Vizepräsidentin zurückzupfeifen. "Wir wollen, dass Griechenland im Euro bleibt", verkündete er. Denn die Kosten wären im Falle einer Pleite Athens und des Euroaustrittes "sehr viel höher".

Deutsche Opposition lehnt Sperrkonto für Griechenland ab

In Deutschland wurde am Dienstag über den Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy diskutiert, ein Sperrkonto für Griechenland einzurichten. Während sich die FDP hinter den Vorschlag stellte, kam aus der Opposition Kritik.

Linksfraktionschef Gregor Gysi bezeichnete die deutsch-französischen Vorschläge für das überschuldete Griechenland als abenteuerlich. "Griechenland wird in den Ruin getrieben", sagte er.

Die Vorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, lehnte die Strategie der Kanzlerin rundweg als zu einseitig ab. "Sie lässt die Frage, wie Griechenland geholfen wird sich zu modernisieren, vollkommen aus", sagte Künast am Dienstag in Berlin. Zwar habe Griechenland eine Menge Hausaufgaben zu machen. "Das heißt nicht, dass man kaputt spart und solche aggressiven Vorschläge wie Sparkommissare und Sonderkonten zum Besten geben muss."

Griechenland nahm unterdessen bei einer Auktion von Staatsanleihen mit 26-wöchiger Laufzeit 812 Millionen Euro ein. Die Zinsen betrugen 4,86 Prozent, etwas weniger als bei einer ähnlichen Auktion vor einem Monat, als der Zinssatz bei 4,90 Prozent lag. Die Auktion war 2,72-fach überzeichnet.

(APD)
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