Persönlich John Mccain Ein unbequemer Transatlantiker

Anfang Dezember musste John McCain noch im Rollstuhl durch die Gänge des US-Senats geschoben werden; sein linkes Bein steckte in einem dicken Stützschuh. Mitte vergangenen Jahres hatten Ärzte bei einer Operation wegen eines Blutgerinnsels unter dem Auge zufällig einen Hirntumor bei dem republikanischen Politiker entdeckt. Der Tumor sei vollständig entfernt worden, teilte die behandelnde Klinik in McCains Heimatstaat Arizona mit. Der US-Senator ist seit Jahrzehnten Stammgast der Münchner Sicherheitskonferenz; auch dieses Jahr will er trotz seiner Erkrankung wieder dabei sein, so jedenfalls die letzte Bestätigung seines Büros an die Sicherheitskonferenz, die heute beginnt.

Was wäre auch die Sicherheitskonferenz ohne McCain? Er gehört gewissermaßen zum Inventar. Der US-Senator hat es in München weit gebracht. 81 Jahre ist er mittlerweile alt. McCain stammt aus einer Soldatenfamilie; Vater und Großvater dienten als Admirale, er selbst besuchte die berühmte Naval Academy in Annapolis. Als Bomberpilot wurde er 1967 über Vietnam abgeschossen, war fünf Jahre in Kriegsgefangenschaft, wurde gefoltert.

Bei seinen allerersten Auftritten in München musste er noch dem damaligen US-Delegationsleiter die Tasche hinterhertragen. Die anstehende 54. Auflage der weltweit beachteten Konferenz wird für McCain eine ganz besondere. Denn er wird mit dem Preis der Sicherheitskonferenz geehrt, benannt nach deren Gründer Ewald von Kleist. Vergangenes Jahr bekam ihn Joachim Gauck überreicht. Erster Preisträger war 2009 der frühere US-Außenminister Henry Kissinger.

In diesem Jahr ehrt die Sicherheitskonferenz mit McCain einen überzeugten Transatlantiker. Konferenz-Chef Wolfgang Ischinger nennt McCain einen "Mann eindrucksvoller Klarheit", der nicht immer ein angenehmer und leichter Gesprächspartner für die Bundesregierung gewesen sei. Worte eindrucksvoller Klarheit fand McCain auch bei seinem Auftritt im vergangenen Jahr, wenige Wochen nach der Amtsübernahme von Donald Trump. Vor dem Hintergrund von Trumps erster Absetzbewegung weg von Europa erinnerte McCain den Westen und die Europäer an gemeinsame Werte: "Wir dürfen uns selbst und einander nicht aufgeben, sonst wäre das Dekadenz, und das führt zum Scheitern von Weltordnungen." Und weiter: "Ja, es sind gefährliche Zeiten, aber Sie dürfen Amerika nicht abschreiben. Und wir sollten einander nicht abschreiben." Längst gilt McCain als einer der schärfsten innerparteilichen Kritiker des US-Präsidenten.

McCain war einmal selbst auf dem Sprung, US-Präsident zu werden. 2008 unterlag er als Präsidentschaftskandidat der Republikaner Barack Obama. Sinnigerweise wird Obamas einstiger Vizepräsident Joe Biden in München die Laudatio auf McCain halten.

Holger Möhle

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort