Befragung unter 11.000 Ukrainern Ein Viertel der Ukraine-Flüchtlinge möchte bleiben

Berlin · Geflüchtete aus der Ukraine haben gute Chancen in Deutschland: 17 Prozent von ihnen haben bereits einen Job gefunden. 60 Prozent wohnen in einer eigenen Wohnung. 26 Prozent können sich vorstellen für immer zu bleiben. Das ergab die repräsentative Studie „Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland“.

76 Prozent der Geflüchteten aus der Ukraine fühlten sich bei ihrer Ankunft „voll und ganz“ oder „überwiegend“ willkommen in Deutschland. Das zeigt die am Donnerstag in Berlin vorgestellte Studie „Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland“.

76 Prozent der Geflüchteten aus der Ukraine fühlten sich bei ihrer Ankunft „voll und ganz“ oder „überwiegend“ willkommen in Deutschland. Das zeigt die am Donnerstag in Berlin vorgestellte Studie „Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland“.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine sind mehr als eine Million Ukrainerinnen und Ukrainer nach Deutschland geflohen. 17 Prozent von ihnen arbeiten mittlerweile, etwa die Hälfte besucht einen Deutschkurs und ein Viertel der Geflüchteten kann sich vorstellen, dauerhaft in Deutschland zu bleiben. Das sind die Ergebnisse einer ersten repräsentativen Studie, für die Geflüchtete nach ihrer Flucht, ihrer Ankunft und ihren jetzigen Lebensumständen befragt wurden. Die Studie wurde am Donnerstag in Berlin vorgestellt.

Laut der Befragung unter mehr als 11.000 Ukrainerinnen und Ukrainern sind 80 Prozent der erwachsenen Geflüchteten Frauen. Von ihnen kamen 48 Prozent mit minderjährigen Kindern und 20 Prozent mit einem Partner. Zum Befragungszeitpunkt lebten knapp drei Viertel der Befragten in privaten Wohnungen. In Gemeinschaftsunterkünften wohnten nur neun Prozent der Geflüchteten. In Hotels und Pensionen 17 Prozent.

Obwohl sich die Geflüchteten aus der Ukraine noch nicht lange in Deutschland aufhalten, haben bereits viele eine Arbeit gefunden, das zeigen die Studienergebnisse. Demnach arbeiteten nach sechs Monaten 17 Prozent der Geflüchteten. Es zeigt sich hier jedoch ein Unterschied zwischen den Geschlechtern.

Während von den Männern 24 Prozent erwerbstätig sind, sind es bei den Frauen nur 16 Prozent. Die Erwerbstätigkeitsquote hängt vom Bildungsniveau ab, aber auch davon, ob Kleinkinder in der Familie einen Betreuungsplatz haben oder ob die Geflüchteten ihren Wohnort selbst wählen können, sagte Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Berlin.

71 Prozent der erwerbstätigen Ukrainerinnen und Ukrainer üben eine qualifizierte oder hoch qualifizierte Tätigkeit aus. Gleichzeitig könnten die Geflüchteten aus der Ukraine allein jedoch nicht die Lösung für den Fachkräftemangel in Deutschland sein. „Der Fachkräftemangel kann nicht durch Fluchtmigration bekämpft werden“, so Brücker. Dafür brauche es andere Konzepte.

Die Geflüchteten, die nach Deutschland gekommen sind, sind im Durchschnitt gut gebildet. „Wir haben es mit einer Gruppe zu tun, die über ein erstaunlich hohes Bildungsniveau verfügt“, sagte Brücker. Laut der Studie haben 72 Prozent der Geflüchteten einen Hochschulabschluss oder etwas Vergleichbares. Damit liegt der Anteil über dem Durchschnitt in der Ukraine und auch über dem in Deutschland. Brücker weist jedoch darauf hin, dass die Bildungsabschlüsse in der Ukraine nicht mit denen in Deutschland zu vergleichen seien.

Die Studie zeigt auch, welche Belastung der Krieg und die Flucht darstellt. Es sei deutlich zu sehen, „dass Krieg und Flucht Spuren hinterlassen haben, die weiter nachwirken“, sagte Nina Rother vom Forschungszentrum im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Zwar ist der Gesundheitszustand der Geflüchteten ähnlich gut wie der der Menschen in Deutschland, die Lebenszufriedenheit ist jedoch geringer. Auf einer Skala von eins bis zehn schätzten die Befragten ihre allgemeine Zufriedenheit im Schnitt mit 5,8 ein. Sonst wird in Deutschland ein Durchschnittswert von 7,5 erreicht. Bei Kindern gebe es zudem Hinweise auf psychische Belastungen, so Rother.

In Familien mit Kindern besuchen 22 Prozent der unter drei Jährigen und knapp 60 Prozent der älteren Kinder einen Kindergarten. In 90 Prozent der Familien mit Schulkindern besucht mindestens ein Kind die Schule in Deutschland. Knapp ein Viertel der Familien nutzt zudem den ukrainischen Online-Unterricht. Die meisten Schulkinder nutzen sogar beide Angebote. Für das Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen habe der Besuch einer Schule große Bedeutung, beschrieben die Autoren der Studie.

Durch die sogenannte „Richtlinie zum vorübergehenden Schutz“ konnten 76 Prozent der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland eine zunächst bis März 2024 befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten. 18 Prozent der Befragten erhielt eine Fiktionsbescheinigung, die als Ersatzdokument bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt.

Mit der Aufenthaltserlaubnis und auch mit der Fiktivbescheinigung ist es ukrainischen Geflüchteten möglich, arbeiten zu gehen oder Leistungen vom Jobcenter oder dem Sozialamt zu bekommen. Obwohl zum Befragungszeitpunkt 51 Prozent der Geflüchteten Deutschkurse besuchten, gaben acht von zehn Befragten an, dass sie keine oder schlechte Deutschkenntnisse besitzen.

Die Bereitschaft, die deutsche Sprache zu lernen, sei auch davon abhängig, wie lange die Geflüchteten beabsichtigen, in Deutschland zu bleiben, so die Studienautoren. 34 Prozent der Befragten wollen Deutschland nach Kriegsende wieder verlassen, 26 Prozent wollen für immer bleiben und 13 Prozent zumindest für mehrere Jahre.

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