"Alphabetisierung" des Merkel-Herausforderers Peer Steinbrück von A bis Z

Berlin · Die SPD hat am Wochenende den früheren Finanzminister Peer Steinbrück zu ihrem Kanzlerkandidaten gewählt. Wer ist das eigentlich? Eine Alphabetisierung des Merkel-Herausforderers.

SPD kürt Steinbrück
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A wie Albig, Thorsten. Der frühere Pressesprecher von Peer Steinbrück als Finanzminister hat im Sommer seinen Ex-Chef vor einer Kanzlerkandidatur gewarnt. Steinbrück passe nicht in das Korsett eines Kanzlerkandidaten hatte Albig, der Steinbrück zwischen 2009 und 2012 treu und loyal diente, gesagt. Nach dem Stolperstart und den Diskussionen über Steinbrücks Nebentätigkeiten fühlt sich Albig bestätigt.

B wie Bundestag. Als Abgeordneter hat sich der Ex-Finanzminister von 2009 bis 2012 in Ausschüssen und Parlamentssitzungen nicht sehr oft blicken lassen. Lieber hielt er knapp 90 Vorträge und kassierte dafür 1,25 Millionen Euro. Die Vortragsreisen werfen ihm nun manche vor.

C wie Clement, Wolfgang. Der frühere NRW-Ministerpräsident und frühere SPD-Wirtschaftsminister, der im Streit aus der Partei ausgetreten ist, ist ein enger Freund des Kanzlerkandidaten Steinbrück. Beide leben in Bonn in Nachbarschaft zueinander. Auch inhaltlich stehen sich die beiden Wirtschaftsfreunde nahe, doch lässt Steinbrück das derzeit lieber nicht erkennen.

D wie Delbrück, Adelbert. Der Ururgroßonkel von Peer Steinbrück gründete 1870 eine Bank mit dem Namen "Deutsche Bank". Sie war der Vorläufer des größten und wichtigsten gleichnamigen deutschen Bankinstituts, mit dem sich Peer Steinbrück als Finanzminister in der Wirtschaftskrise so oft anlegte. Der Berliner Banker und Jurist Delbrück leitete bis 1889 die Geschäfte der Bank.

E wie Evangelische Kirche. Eine Predigt des Präses der Evangelischen Kirche, Nikolaus Schneider, im Jahr 2005 im Kölner Dom, es ging um Hilfen für die Opfer der Tsunami-Katastrophe, führte Peer Steinbrück zurück in die Kirche. 40 Jahre zuvor war er als 18-Jähriger ausgetreten, weil er der Meinung war, dass die "ärgsten Gangstereien" im Namen Gottes begangen worden seien. Doch die Gespräche mit Präses Schneider, das gesellschaftliche Engagement der Kirche beeindruckten ihn. Heute ist Peer Steinbrück sogar Mitglied der Kammer für soziale Ordnung in der EKD.

F wie Frank-Walter Steinmeier. Der Fraktionschef der SPD im Bundestag ist ein persönlicher Freund Steinbrücks. Die beiden in der SPD nur "Stones" genannten Politiker stimmen sich seit Jahren ab und sind inhaltlich eng beieinander. Hätte Steinmeier Interesse an der Kanzlerkandidatur angemeldet, wäre Steinbrück zurückgetreten. Das hat Steinbrück stets betont.

G wie Gertrud Steinbrück. Die Ehefrau des Kandidaten hat jüngst per Interview klar gemacht, dass die Familie mit der Kandidatur so ihre Probleme hatte. Die 63-jährige, selbstbewusste und ehrgeizige Bonner Gymnasiallehrerin und promovierte Biologin wirkt belebend an der Seite des Kandidaten und könnte Steinbrück im Wahlkampf noch helfen.

H wie Hannelore Kraft. Peer Steinbrück beförderte die frühere NRW-Europaministerin in seiner Zeit als NRW-Regierungschef zur Wissenschaftsministerin. Steinbrück hält viel von der Diplom-Ökonomin aus Mülheim an der Ruhr, die sich nie durch die Mühlen der Parteiebene zwängte, sondern als Seiteneinsteigerin mit Blick von außen zur SPD kam. Das schätzt Steinbrück noch heute an ihr.

I wie Intelligenz. Steinbrück gilt als intelligenter Politiker mit einer blitzschnellen Auffassungsgabe. Bundeskanzlerin Merkel soll in kleiner Runde den Sozialdemokraten mal als "intelligentesten Sozi" bezeichnet haben.

J wie Jefferson, Thomas. Steinbrück zitiert den früheren US-Präsidenten gerne mit dem Satz "Banken sind gefährlicher als stehende Heere". Die Zügelung des Finanzkapitalismus hat sich Steinbrück als wesentliches Element seiner Wahlkampagne ausbedungen.

K wie Kinder. Drei hat Peer Steinbrück und er ist mächtig stolz auf sie. Anne Steinbrück (34) arbeitet als Europaexpertin beim Deutschen Reiseverband in Berlin. Katharina (36) studierte Jura an der französischen Elitehochschule ENA und arbeitet als erfolgreiche Anwältin in Mannheim. Das jüngste Kind, Sohn Johannes (28), studiert noch. Als Steinbrück Kandidat wurde, berief Gertrud Steinbrück den Familienrat ein und diskutierte mit ihrem Mann und den Kindern, was auf die Familie zukommen würde.

L wie Leseratte. Steinbrück ist ein begeisterter Leser. Schon in frühen Jahren las Steinbrück politische Biografien und Bücher über den Nationalsozialismus, etwa die Biografie von Winston Churchill oder als 14-jähriger die Hitler-Biografie von Alan Bullock und später "Der SS-Staat" von Eugen Kogon. Fasziniert hat Steinbrück auch Jürgen Habermas, dessen "Strukturwandel der Öffentlichkeit" Steinbrück zu den beeindruckenden Büchern zählt, die er gelesen hat.

M wie Mettmann — so heißt der Wahlkreis in Nordrhein-Westfalen, in dem Steinbrück 2013 sein erstes Bundestags-Direktmandat gewinnen möchte. 38000 Einwohner, verkehrsgünstig zwischen Düsseldorf, Wuppertal und Essen gelegen. Bekannt für das Neanderthal.

N wie Nashorn — das mächtige bis zu vier Meter lange Säugetier ist Steinbrücks Lieblingstier. Er besitzt auch eine kleine Sammlung von Nashorn-Figuren. Eines steht immer in seinem Büro. Eine Eigenschaft des Vierbeiners wird gerne dem SPD-Mann zugeschrieben: Nashörner kommen schwer in Gang, aber wenn sie einmal loslaufen, sind sie kaum zu stoppen.

O wie Ouagadougou — als Bundesfinanzminister verglich Steinbrück die Schweiz mit der Hauptstadt Burkina Fasos. Er werde vier Länder zu einer Konferenz zur Bekämpfung von Steuerbetrug nach Berlin einladen: "Luxemburg, Liechtenstein, die Schweiz, Österreich und Ouagadougou", sagte er 2009. Die Aufregung war groß. Die Hauptstadt Burkina Fasos sei ihm spontan eingefallen, berichtete Steinbrück später.

P wie Partei. In die SPD eingetreten 1969. Wegen Willy Brandt. Wegen seiner Kritik an den Entscheidungsmechanismen und der Macht der Funktionäre wirkt Steinbrück aber stets wie ein Quereinsteiger, der die SPD von außen bewertet.

Q wie Quatsch — "Das ist doch Quatsch", meinte Steinbrücks Troika-Kamerad Frank-Walter Steinmeier im Oktober auf die Frage, ob die vielen Redehonorare Steinbrück schaden würden. Einige in der SPD sehen das anders.

R wie Rau. Ex-Bundespräsident Johannes Rau war politischer Ziehvater Steinbrücks. Von 1986 bis 1990 leitete Steinbrück das Büro des damaligen NRW-Ministerpräsidenten Rau. Der Beginn einer politischen Karriere.

S wie Schach. Als Kind lernte Steinbrück das Schachspiel von seiner Großmutter. Seither ist er leidenschaftlicher Schachspieler. Er warb 2008 mit Erfolg für Bonn als Veranstaltungsort für die Schach-WM und spielt gerne mit SPD-Altkanzler Helmut Schmidt.

T wie Troika. Zusammen sind sie stark: Gemeinsam mit SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Parteichef Sigmar Gabriel bildet Steinbrück die SPD-Troika, die Merkel 2013 schlagen will. Bisher sind größere Streitereien zwischen den Dreien ausgeblieben.

U wie Unterm Strich. So lautet der Titel von Steinbrücks Buch-Bestseller, in dem er eine Bilanz seiner politischen Karriere vorlegt. Nicht alles, was Steinbrück darin an politischen Reformen vorschlägt, gefällt seinen Parteifreunden.

V wie Volkswirt. Wie Helmut Schmidt begreift sich Steinbrück vor allem als Chef-Volkswirt der Nation. Sein Studium in Kiel schloss er 1974 als Diplom-Volkswirt ab. In dem Thema fühlt sich Steinbrück zuhause.

W wie Willy. Wie viele SPD-Kanzlerkandidaten vor ihm sieht auch Steinbrück in der SPD-Ikone Willy Brandt ein großes Vorbild. Erst wegen Willy Brandt wählte Steinbrücks Vater, eigentlich eher CDU-nah, 1969 die SPD.

X wie X-Chromosom. Mit den Frauen hat der Kandidat ein Problem: Die Doppel-X-Trägerinnen sehen in ihm vor allem einen typischen Y-Chromosomen-Träger.

Y wie Yuma. 2009 drohte Steinbrück der Schweiz mit der "siebten Kavallerie vor Yuma, die man ausreiten lassen kann". Steinbrück wollte die Schweiz wegen ihres laxen Umgangs mit Steuersündern auf die schwarze Liste der OECD-Steueroasen setzen. Eine wochenlange öffentliche Debatte folgte.

Z wie Zukunft. Peer Steinbrück hat klar gemacht, dass er nicht als Vizekanzler unter einer Kanzlerin Angela Merkel zur Verfügung stehen würde. Entweder Sieg und Kanzler einer rot-grünen Regierung oder Steinbrück dürfte im Herbst 2013 die Politik verlassen. Seinen Marktwert als Redner kennt er ja jetzt. Auch ein Top-Posten in der EU könnte ihn reizen, sagen Menschen, die ihn gut kennen.

(brö/mar)
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