SPD-Parteitag Frau Steinbrück macht eine Ausnahme

Hannover · Gertrud Steinbrück mag den öffentlichen Rummel nicht besonders. Sie hält sich lieber aus dem Rampenlicht zurück. Am Sonntag, beim SPD-Parteitag zur Kandidatenkür ihres Ehemanns, machte die 63-jährige Lehrerin eine Ausnahme.

Gertrud Steinbrück scheut das Rampenlicht
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Mit den drei erwachsenen Kindern saß sie in der ersten Reihe im Publikum. Doch schon im Vorfeld des Parteitags in Hannover hatte die Gymnasiallehrerin klargemacht, dass sie keineswegs daran denkt, im Bundestagswahlkampf als Frau an der Seite des Kandidaten aufzutreten.

"Mich hat als Jugendliche nichts weniger interessiert als Politik. Für meinen Mann war Biologie das Letzte, obwohl er Tiere mag." So beschreibt Gertrud Steinbrück die Zeit, in der sie und der angehende Diplom-Volkswirt Peer Steinbrück einander kennenlernten. Rund vier Jahrzehnte ist das her.

Sie sorgt sich ums Privatleben

Vieles hat sich geändert, manches blieb: Noch heute unterrichtet Gertrud Steinbrück Biologie an einem Bonner Gymnasium, während ihr Gatte inzwischen in die Gattung der politischen Alpha-Tiere fällt — als Kanzlerkandidat der SPD wird er 2013 Amtsinhaberin Angela Merkel herausfordern, und das betrachtet seine Frau mit gemischten Gefühlen.

Schon als Peer Steinbrück noch NRW-Ministerpräsident war, als er später als Bundesfinanzminister das Land durch die Finanzkrise steuerte, erfuhr sie, was es heißt, mit einer Person des öffentlichen Interesses verheiratet zu sein: Da bleibt das Privatleben oftmals auf der Strecke.

"Der nackte Albtraum"

"Jede Situation, isoliert von Normalität, macht einen Menschen kaputt. Ein Leben ohne dieses Stück Normalität wäre für mich der nackte Albtraum", gestand Gertrud Steinbrück kürzlich in der "Welt am Sonntag".

Nun also Bundestagswahlkampf, einstweilen, aber schon die ausgiebigen Berichte über die früheren Nebentätigkeiten ihres Mannes hat Gertrud Steinbrück als "belastend und ehrenrührig" empfunden. Außerdem fallen ihr da noch Bilder aus Amerika ein, von den Familien der Spitzenpolitiker, wie sie bei Chips und Cola vor dem Fernseher sitzen.

Joachim Sauer als Vorbild

"Geistiges Popcorn, das die Intelligenz beleidigt", nennt Gertrud Steinbrück solche Inszenierungen und lobt im selben Atemzug Joachim Sauer, den Mann der Kanzlerin: "Vor seiner Zurückhaltung habe ich großen Respekt."

Wenn Peer Steinbrück nun eine Leerstelle in Sachen Frauenpolitik nachgesagt wird, verweist er gerne auf seine Frau und seine Familie. Er habe es zu Hause schon immer mit einer sehr selbstbewussten Ehefrau zu tun gehabt, sagte der am Sonntag gekürte Kanzlerkandidat beim "Roten Frauensalon" der SPD.

Ein Frauenproblem?

Das "Frauenproblem", das Steinbrück gerne attestiert wird, weil er bislang bei den weiblichen Wählern nicht so gut ankommt, gibt es im familiären Umfeld offenkundig nicht. Neben der eigenständigen Ehefrau kann der Kandidat außer Sohn Johannes auch zwei selbstbewusste Töchter vorweisen. Die Ältere, Katharina, hatte nach der überstürzten Kandidatenausrufung erst einmal den Familienrat einberufen. "Mein Mann musste aussagen. Das war ein Gerichtstermin für ihn", sagte Gertrud der "Welt am Sonntag".

Unabhängig vom weiteren politischen Werdegang ihres Mannes steht für Gertrud Steinbrück selbst bald ein neuer Lebensabschnitt an: Im Sommer 2013 wird sie in den Ruhestand gehen. Und weiß schon jetzt, dass ihr die Schule sehr fehlen wird. Auch sie hat Pläne für Berlin, allerdings ganz andere als Peer Steinbrück: Auf ihrer Liste stehen Pergamonmuseum, Deutsches Historisches Museum und andere kulturelle Highlights.

mit Material von AFP

(AFP/RP)
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