Terror in Frankreich Defizite bei Terrorabwehr in Europa

Berlin/Straßburg · Am Tag nach dem Anschlag von Straßburg offenbaren sich erneut Defizite in der gemeinsamen europäischen Terrorabwehr.

 Der Weihnachtsmarkt in Straßburg am Tag nach dem Anschlag

Der Weihnachtsmarkt in Straßburg am Tag nach dem Anschlag

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Der mutmaßliche Attentäter von Straßburg Chérif C. wurde von den französischen Sicherheitsbehörden als islamistischer Gefährder geführt. In Deutschland ist der 29-Jährige als Krimineller bekannt. Nach mehreren Einbrüchen saß er in Baden-Württemberg im Gefängnis. Dass der Mann auch ein Gefährder ist, davon hatte die Polizei keine Ahnung. Nur der Verfassungsschutz hat auf die entsprechende französische Datei Zugriff. Innenstaatssekretär Günther Krings (CDU) betont aber: „Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass die deutschen Behörden etwas falsch gemacht haben.“

Chérif C. soll am Donnerstagabend um 20 Uhr in Straßburg auf dem beliebten Weihnachtsmarkt vor dem Münster um sich geschossen haben. Dabei tötete er nach Angaben der französischen Behörden zwei Menschen und verletzte 14 weitere, davon sieben schwer. Bis gestern Abend fahndete die Polizei nach dem Täter. Die Bundespolizei schloss kurz nach der Bluttat im Grenzraum zwischen Frankreich und Baden-Württemberg die Übergänge.

Chérif C. war nach der Verbüßung seiner Haftstrafe aus Deutschland nach Frankreich abgeschoben und mit einer Wiedereinreisesperre belegt worden. Als zumindest „merkwürdig“ werteten es aber die Abgeordneten im Innenausschuss des Bundestags, die am Freitagmorgen informiert wurden, dass den deutschen Sicherheitsdiensten nicht bekannt war, dass Chérif C. auch als Gefährder gilt. „Der Fall zeigt, wie dringend wir ein arbeitsfähiges europäisches Terrorabwehrzentrum benötigen, in dem Polizeien und Nachrichtendienste sich grenzüberschreitend zu Terrorgefährdern austauschen“, sagte der CDU-Innenexperte Armin Schuster unserer Redaktion.

Bislang ist Chérif C. allerdings stärker als Krimineller aufgefallen - auch in Frankreich. Am morgen des Donnerstags wollte die Polizei ihn eigentlich wegen eines Tötungsdelikts festnehmen, traf ihn aber zu Hause nicht an. Der französische Innenminister Laurent Nunez verwies darauf, dass es keine Hinweise auf einen geplanten Anschlag durch Chérif C. gegeben habe. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf „Mord und Mordversuch im Zusammenhang mit einer terroristischen Unternehmung“ und „Bildung einer kriminellen terroristischen Vereinigung“.

Für Deutschland war die Gefährdung durch Chérif C. nicht groß. „Wäre der Täter trotz Einreiseverbots wieder in Deutschland aufgegriffen worden, dann wäre er in Deutschland ohnehin wieder ins Gefängnis gewandert, um dann seine Restfreiheitsstrafe abzusitzen“, sagt Krings.

(qua)
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