Kommentar zum Streikrecht Gutes Urteil - kein Rosinenpicken für Beamte

Karlsruhe · Das Verfassungsgericht bestätigt das Streikverbot für Beamte. Das Urteil ist richtig. Es ist nicht nur im Interesse der Schüler, sondern auch der beamteten Lehrer selbst.

 Die Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe.

Die Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe.

Foto: dpa/Uli Deck

Mit Spannung blickten Lehrer und Politik nach Karlsruhe, wo das Bundesverfassungsgericht die Frage zu entscheiden hatte, ob Beamte, insbesondere beamtete Lehrer, streiken dürfen. Die Frage ist nicht trivial. Schließlich stehen im Grundgesetz zwei Grundrechte nebeneinander: zum einen die Koalitionsfreiheit, die es jedem Bürger und damit auch jedem Beamten erlaubt, einer Gewerkschaft beizutreten, deren Kernaufgabe es ist, Tarifpolitik zu betreiben. Und zum anderen die sich aus Artikel 33 ableitenden „hergebrachten Grundsätze“ des Berufsbeamtentums, die ein besonderes Treueverhältnis beschreiben.

Am Ende hat das Verfassungsgericht ein eindeutiges und ein richtiges Urteil gefällt: Beamte dürfen Gewerkschaftsmitglieder sein, sie dürfen für mehr Lohn kämpfen, sie dürfen aber nicht streiken.

Richtig so. Man kann eben nicht alles haben. Wer die Privilegien als Staatsdiener genießt, wozu vor allem die Unkündbarkeit und die Alimentation in Abhängigkeit vom Familienstand gehören, kann nicht gleichzeitig ein Recht auf Streiks haben. Doppelte Privilegien darf es nicht geben.

Das Urteil ist im übrigen nicht nur im Sinne der Dienstherren (sowie der Schüler und Eltern), es ist auch im Interesse der Lehrer selbst. Ein Streikrecht für Beamte wäre der Anfang vom Ende des Berufsbeamtentums. Wenn man anfängt, das Treueverhältnis auszuhöhlen, auf das sich Rechte und Pflichten der Beamte gründen, bleibt am Ende nichts von ihrem besonderes Status übrig. Das gleiche gilt, falls der Staat Beamte erster Klasse (mit hoheitlichen Aufgaben und ohne Streikrecht) und zweiter Klasse (ohne hoheitliche Aufgaben und mit Streikrecht) schaffen würde. Die Verfassungsrichter warnen folgerichtig vor einer Kettenreaktion, hätten sie anders entschieden.

Gewiss kann man darüber streiten, ob Lehrer, Arbeitsvermittler oder Forscher überhaupt Beamte sein müssen. In vielen Ländern geht es auch ohne. Und auch in der Realität in Deutschland gibt es längst Angestellte und Beamte, die nebeneinander die gleichen Aufgaben erledigen - und dafür zum Leidwesen der Angestellten oft sehr ungleich bezahlt werden.

Doch das ist eine andere politische Frage. Klar ist: Eine Rosinen-Pickerei für Beamte kann und darf der Staat nicht erlauben.

(anh)
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