Siemens-Chef trifft „Fridays for Future“-Aktivistin Kaeser bietet Neubauer hohen Posten an

Berlin · „Fridays for Future“ kritisiert ein Kohle-Projekt des Siemens-Konzerns in Australien. Das hat zu einem Treffen des Vorstandschefs mit einer jungen Klimaaktivistin geführt. Bis Montag will Joe Kaeser nun über das 18-Millionen-Euro-Vorhaben entscheiden.

 Joe Kaeser und Luisa Neubauer am Freitag nach dem Gespräch.

Joe Kaeser und Luisa Neubauer am Freitag nach dem Gespräch.

Foto: dpa/Soeren Stache

Siemens-Chef Joe Kaeser hat der 23-jährigen Klimaaktivistin Luisa Neubauer einen Aufsichtsratsposten im künftigen Energieunternehmen Siemens Energy angeboten. Nach einem Gespräch mit Neubauer und ihrem Mitstreiter Nick Heubeck von „Fridays for Future“ über ein umstrittenes Siemens-Projekt für eine Kohle-Mine in Australien sagte Kaeser am Freitag in Berlin, ob es der Aufsichtsrat oder ein anderes Gremium sei – Neubauer könne wählen. „Ich möchte nicht, dass nur lauter alte deutsche weiße Männer, sondern auch die Jugend mit am Tisch sitzt.“ Neubauer wollte sich zu dem Angebot zunächst nicht äußern, lehnte es aber am Abend einem Besuch bei der Feier zum 40-jährigen Bestehen der Grünen in Berlin ab. Sie habe keine Zeit für solche Posten-Geschichten, sagte sie.

Die Entscheidung über den mit 18 Millionen Euro Umsatz vergleichsweise kleinen Auftrag für eine Schienensignalanlage für ein Kohlebergwerk des indischen Konzerns Adani im australischen Queensland will Kaeser bis Montag fällen. Nach Informationen unserer Redaktion hält er den im Sommer vom zuständigen Fachvorstand durchgewunkenen Auftrag für einen Fehler, weil sich Siemens für eine lächerliche Summe zur Zielscheibe der Umweltbewegung gemacht habe. Öffentlich sprach Kaeser von einer „konfliktären Interessenlage“ und „hochproblematischer Thematik“. Siemens müsse für seine Kunden und Aktionäre ein zuverlässiger Partner sein und einen Beitrag dazu leisten, was für die Gesellschaft gut sei. „Das sind oft konkurrierende Interessenlagen.“ Er habe am Freitag mit der australischen Regierung gesprochen. 294 von 295 indigenen Stämmen hätten für das Projekt gestimmt. „Das ist für mich ein ganz wichtiger Indikator.“ Er betonte: „Ich mache mir das echt nicht leicht.“ Er befasse sich seit Mitte Dezember mit einem Problem, bei dem es um 18 Millionen Euro  gehe – stündlich mache Siemens 50 Millionen Euro Umsatz.

Luisa Neubauer forderte, dass Siemens aus dem Kohleprojekt aussteigt, „weil die Finalisierung von Adani desaströse Konsequenzen mit sich brächte“. Klimaschützer kritisieren, die Adani-Mine werde jährlich 705 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen. Durch den Bau würden Land und Kulturstätten australischer Ureinwohner zerstört. Zum Transport der Kohle nach Asien würden voraussichtlich jährlich mehr als 500 Kohletanker durch das Great Barrier Reef fahren, was zu Beschädigungen dieses Unesco-Weltnaturerbes führe. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte, Siemens solle sich nicht zum Unterstützer eines Projektes machen, „das gigantische Umwelt- und Klimaschäden erzeugt“. Das wäre nicht nur angesichts der verheerenden Brände in Australien ein düsteres Signal, sondern auch mit Blick auf die gesellschaftliche Verantwortung, die ein Großunternehmen wie Siemens für kommende Generationen habe.

 Luisa Neubauer am Freitag nach ihrem Gespräch mit dem Siemens-Chef.

Luisa Neubauer am Freitag nach ihrem Gespräch mit dem Siemens-Chef.

Foto: dpa/Soeren Stache

Kaeser sagte, er freue sich, dass es „Fridays for Future“ gebe – die Bewegung protestierte am Freitag an mehreren Siemens-Standorten, auch am Konzernsitz in München, wo 57.000 Unterschriften übergeben wurden. Er betonte: „Der Konflikt zwischen Jung und Alt muss gelöst werden.“ Zur Entscheidung über das Siemens-Geschäft sagte Neubauer: „Die Frage ist, ob Siemens gewillt ist, sich von dem Adani-Projekt zu verabschieden, eben weil es keinen Platz mehr in diesem Jahrhundert hat.“  

(kd)
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