Öko-Partei feiert 40. Geburtstag Steinmeier würdigt die Grünen – „immer ihrem Kern treu geblieben“

Berlin · Die Grünen feiern im „Motorwerk Berlin“ zwei runde Geburtstage: Vor 40 Jahren wurde die Partei „Die Grünen“ gegründet, vor 30 Jahren verschmolz sie mit „Bündnis 90“. Prominenter Gastredner ist der Bundespräsident. Er würdigt die Partei.

 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht bei der Jubiläumsfeier der Grünen in Berlin.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht bei der Jubiläumsfeier der Grünen in Berlin.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat auf der 40-Jahr-Feier die politischen Verdienste der Grünen in den letzten vier Jahrzehnten gewürdigt. „Sie haben dazu beigetragen, dieses Land vielfältiger und moderner zu machen“, sagte Steinmeier vor etwa 1500 Gästen im Motorwerk Berlin, einer ehemaligen Fabrikhalle im Berliner Osten. Die Grünen hätten als Partei vorgemacht, wie sich Politik innerhalb und nicht außerhalb des politischen Systems der Bundesrepublik erfolgreich mitgestalten lasse. Der Bundespräsident bleibe zwar überparteilich, sagte Steinmeier. „Aber parteiisch bin ich sehr wohl - ich glaube, ich muss es sogar sein in dieser Zeit: parteiisch für die Demokratie!“, rief Steinmeier.

Die Grünen hätten in den 40 Jahren die Fähigkeit erworben, auch Verantwortung zu übernehmen und schwierige Entscheidungen zu treffen. So hätten sie 1999 Verantwortung übernommen, als sie trotz ihrer pazifistischen Wurzeln für einen Militäreinsatz im Kosovo gestimmt hatten. Bei aller Fähigkeit zum Kompromiss seien die Grünen aber immer ihrem Kern treu geblieben. „Die Grünen haben die Ökologie neben dem Sozialen, dem Liberalen und dem Konservativen als vierten Fixpunkt in unserer politischen Landschaft etabliert“, sagte Steinmeier. Heute sei Umwelt- und Klimaschutz kein Randthema mehr.

Gehören die Grünen nun endgültig zum Establishment, fragt Steinmeier in seiner Rede. Er beantwortet seine Frage selbst so: Er habe unlängst eine wunderbare Karikatur gesehen. Ein König stehe darin vor einer aufgebrachten Menge, die Mistgabeln schwenke. Neben dem König stehe ein Höfling mit Narrenkappe, der dem König zuraune: „Majestät, sagen Sie einfach: Das Establishment ist schuld. Das macht man heute so.“ Steinmeier entlarvt damit die verbreitete Kritik am so genannten Establishment als falsch, als versuchte Täuschung der Massen.

„Wer diese Demokratie als „System“ verschreit, wer sich anmaßt, den „wahren“ Volkswillen gegen „die da oben“ zu verteidigen, wer Parlamente und freie Medien verächtlich macht, wer Hass und Hetze und sogar Gewalt gegen gewählte Repräsentanten schürt, der ist nicht einfach ein Narr, sondern der legt die Axt an Freiheit, Recht und Menschenwürde, auf die wir angewiesen sind“, sagte Steinmeier - und erhielt dafür Standing Ovations bei den Grünen.

Für Steinmeier ist dieser Auftritt eine ungewöhnliche Geste: Schließlich hat der Bundespräsident überparteilich zu sein. Doch das Staatsoberhaupt will die Gelegenheit nutzen, um angesichts der zunehmenden Skepsis gegenüber Parteien und Demokratie auch bei jungen Menschen den erfolgreichen Marsch der Grünen durch die demokratischen Institutionen als vorbildlich darzustellen.

Auch Joschka Fischer hatte seinen Auftritt an diesem Abend in Berlin. Parteichefin Annalena Baerbock fragte das Grünen-Urgestein auf der Bühne: „Denkst du manchmal: Was für eine geile Partei sind wir eigentlich?“ Viele Lacher im Saal. Antwort Fischer: „Ehrlich gesagt, habe ich das bisher nicht gedacht. Aber jetzt, wo du das sagst!“ Fischer zeigte sich dann tatsächlich beeindruckt von dem aktuell guten Erscheinungsbild der Grünen. „Ich hoffe, ihr bleibt so und macht so weiter“, sagte Fischer.

Zum zweiten Mal könnten die Grünen nach 1998 wieder Regierungsverantwortung übernehmen, sagte der frühere Außenminister der rot-grünen Bundesregierung. Es sei allemal besser zu regieren, als draußen vor der Tür zu stehen. Fischer riet Baerbock, den pragmatischen Führungskurs fortzusetzen. Es sei die Verpflichtung der Grünen, Mehrheiten zu bekommen, um das Land weiter zu verändern. „Scheut euch nicht vor der Verantwortung, sondern sucht sie, nehmt sie, setzt sie durch“, riet der frühere Außenminister.

Blick zurück: Am 13. Januar 1980 gründeten gut 1000 Delegierte in Karlsruhe die Bundes-Grünen. Viele von ihnen waren damals Aktivisten der Friedens-, Anti-Atomkraft- und Frauenbewegungen. 1983 zogen sie erstmals in den Bundestag ein, von 1998 bis 2005 regierten sie als Juniorpartner der SPD im Bund.

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