Interview mit Thomas Oppermann "Interesse an Steinbrück ist ungebrochen"

Berlin · Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, spricht im Interview über den Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück, teure Mieten und warum die Kanzlerin immer noch so populär ist.

 Thomas Oppermann sagt, Steinbrücks Markenzeichen ist "klare Kante".

Thomas Oppermann sagt, Steinbrücks Markenzeichen ist "klare Kante".

Foto: dpa, Michael Kappeler

Wer hält sich länger im Amt: Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat oder Klaus Wowereit als Bürgermeister?

Oppermann Klaus Wowereit bleibt Regierender Bürgermeister von Berlin, und das ist auch gut so. Peer Steinbrück bleibt nur bis zum 22. September Kanzlerkandidat. Dann wird er Kanzler einer rot-grünen Regierung, die Deutschland besser regiert und dabei das Gemeinwohl im Auge hat.

Berlin blamiert sich bis auf die Knochen. Muss Wowereit nicht Verantwortung übernehmen und abtreten?

Oppermann Klaus Wowereit hat Verantwortung übernommen und ist von dem Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden zurückgetreten. Er kann die Verantwortung nur dafür übernehmen, wofür er zuständig war. Die massiven Fehler bei Planung und operativer Umsetzung haben andere zu verantworten.

Ist Wowereit eine Belastung für die Berliner SPD?

Oppermann Nein. Klaus Wowereit ist und bleibt das Aushängeschild der Berliner SPD. Er hat die Stadt elf Jahre lang gut regiert.

Raten Sie Ihrem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück eigentlich, weniger Interviews zu geben?

Oppermann Im Gegenteil. Peer Steinbrück hat die Fähigkeit, sich deutlich und klar auszudrücken. Das ist seine große Stärke. Klare Kante ist sein Markenzeichen, und das muss er behalten. Viele Menschen wünschen sich das. Sie haben die Beliebigkeit von Angela Merkel satt.

Dass sich der Bundestagsabgeordnete Peer Steinbrück als Aufsichtsrat für die Belange eines Dax-Unternehmens einsetzt und seine Hilfe anbietet, ist das nicht ungewöhnlich?

Oppermann Peer Steinbrück hat exakt die Position vertreten, die er für die SPD im Bundestag vertritt. Die energieintensiven Unternehmen dürfen nicht durch zu hohe Strompreise aus Deutschland vertrieben werden. Das ist ein Anliegen der SPD. Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz am Industriestandort Deutschland. Rot-Grün hat die energieintensiven Unternehmen von der EEG-Umlage befreit. Das Problem ist allerdings: Unter Frau Merkel sind aus einigen Hundert Firmen 2000 geworden. Jetzt werden auch Golfplätze und Hähnchenmästereien subventioniert. Das wird eine rot-grüne Regierung wieder zurechtrücken.

Die SPD in Niedersachsen betont, Steinbrück schade im Wahlkampf nicht. Müsste er nicht Rückenwind geben?

Oppermann Das tut er. Ich bin viel mit Peer Steinbrück in Niedersachsen unterwegs und kann Ihnen sagen: Die Menschen rennen ihm die Bude ein, das Interesse an ihm ist ungebrochen.

Die SPD-Fraktion startet in diesen Tagen mit einer Klaurtagung ins Wahljahr und will höhere Mieten gesetzlich begrenzen. Haben Sie etwas gegen Wohnungseigentümer?

Oppermann Nein, aber gerade in den Ballungszentren und STädten machen sich die Menschen Sorgen über rasant steigende Mieten bei gleichzeitig steigenden Heiz- und Stromkosten. Bezahlbarer Wohnraum darf kein Luxusgut werden. Dehsalb wollen wir den Mietmarkt stärker regulieren. Dazu gehört dass bei Neumieten maximal zehn Prozent gemessen an der ortsüblichen Vergleichsmiete und bei Bestandsmieten maximal 15 Prozent über vier Jahre aufgeschlagen werden darf. Wir wollen verhindern, dass Mieter erst aus ihren Wohnungen vertrieben werden und dann die Wohnungen zu Fantasiepreisen neu vermietet werden.

Trotz ihrer inhaltlichen Initiativen eilt die Kanzlerin in den Umfragen von Rekordhoch zu Rekordhoch.

Oppermann Die Union profitiert allein vom starken Niedergang der FDP, die sich auf offener Bühne Machtkämpfe liefert und keinerlei inhaltliche Konzepte mehr anbietet. Die Umfragen spiegeln also nur eine scheinbare Stärke der Union wider. Das bürgerliche Lager insgesamt verliert. Rot-Grün hat alle Chancen mit den Themen bessere Bildung, bezahlbarer Wohnraum und einer gerechteren Besteuerung die anstehenden Wahlen in Niedersachsen und dann auch im Bund zu gewinnen.

Die SPD ist in einer aktuellen Umfrage auf 25 Prozent abgesackt. Ist das auch nur eine scheinbare Schwäche?

Oppermann Wir stehen in den meisten Umfragen bei knapp 30 Prozent. Das ist neun Monate vor der Bundestagswahl gar nicht so schlecht. Wir werden aber noch deutlich zulegen. Niemand sollte die SPD und Steinbrück unterschätzen.

Wie geht es beim NPD-Verbot weiter?

Oppermann Ich finde, wir brauchen gegen die NPD möglichst große Geschlossenheit: Nicht nur der Bundesrat, auch Bundestag und Bundesregierung sollten einen Verbotsantrag stellen. Wir haben den anderen Fraktionen im Bundestag ein gemeinsames Vorgehen vorgeschlagen. Herr Kauder und Herr Brüderle haben das abgelehnt. Wir werden noch im Januar einen eigenen Antrag zum Verbot der NPD im Bundestag einbringen. Ich hoffe, dass sich dann auch Merkel, Friedrich, Kauder und Brüderle endlich dazu durchringen, eine klar rechtsextreme, antisemitische und in Teilen gewaltbereite Partei mit allen Mitteln zu bekämpfen.

Michael Bröcker stellte die Fragen.

(brö)
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