„Goldwaage“ Aufwacher-Spezial Die Zukunft der Rente

Werde ich im Ruhestand von den staatlichen Altersbezügen leben können? Diese Frage beschäftigt die Menschen, seit es die Rente gibt. Was sagt die AfD dazu?

 Die Rente lässt sich längst nicht mehr nur aus Beiträgen bezahlen. Der Steuerzahler muss einspringen.

Die Rente lässt sich längst nicht mehr nur aus Beiträgen bezahlen. Der Steuerzahler muss einspringen.

Foto: dpa/Lino Mirgeler

Im Wahljahr wollen die Bürger wissen, woran sie sind. Deshalb suchen wir uns die wichtigsten Aussagen der Parteien heraus und legen sie auf die Goldwaage: Wie realistisch ist das Programm, was bedeutet es für die Menschen? Darüber diskutieren wir mit Machern, Kritikern und Experten. Das Ergebnis können sie jeden Samstag bei uns im Aufwacher-Podcast als Spezialfolge hören und als Zusammenfassung in der Zeitung sowie online nachlesen.

Die These Deutschlands Bevölkerung altert. Länger zu leben, ist eine erfreuliche Aussicht. Doch immer mehr Junge müssen den Ruhestand von immer mehr Alten finanzieren. Das bisherige System stößt an seine Grenzen, der Generationenvertrag muss reformiert werden. Ein politisches Uralt-Thema mit immer neuer Brisanz, zu dem die 2013 gegründete AfD erst vor knapp einem Jahr ein Konzept entwickelt hat.

Der Plan Die Rentenbeiträge allein reichen nicht mehr, der Steuerzahler muss einspringen. Gut 72 Milliarden Euro zahlte er für den Ausgleich der Lücke im Jahr 2019. Die AfD will diesen Bundeszuschuss künftig „durch konsequente Streichungen von ideologischen Politikmaßnahmen, beispielsweise in der Migrations-, Klima- und EU-Politik gegenfinanzieren.” Jörg Schneider aus der AfD-Hochburg Gelsenkirchen, der die Interessen dieser Partei im Bundestagsausschuss Arbeit und Soziales vertritt, schließt eine Erhöhung der Beiträge ebenso aus wie eine Senkung der Leistungen oder ein noch späteres gesetzliches Renteneintrittsalter. Der Zeitpunkt für den Ruhestand solle vielmehr frei gewählt werden können. „Bleibt als einzige Alternative eine Erhöhung des Bundeszuschusses“, sagt der 57-Jährige. Um Steuererhöhungen zu vermeiden, müssten Einsparungsmöglichkeiten geprüft werden. Die sieht Schneider in den Leistungen für Flüchtlinge, im Klimaschutz oder bei den Beiträgen für die EU. Anstelle einer Klima-Rettungspolitik empfiehlt der AfD-Politiker mit Blick auf die Flut-Katastrophe eine „Bevölkerungsschutz-Politik“. Schneider rechnet zwar nicht mit einer Regierungsbeteiligung der AfD in der kommenden Legislaturperiode. Aber irgendwann werde sich ein Koalitionspartner finden, mit dem seine Partei auch ihre Rentenpläne umsetzen könne.

Die Gegenrede Ralf Kapschack sieht in dem Vorhaben der AfD nichts anderes als einen weiteren Versuch, die Gesellschaft zu spalten. „Wir brauchen Zuwanderung, gerade um unsere Sozialsysteme finanzieren zu können“, meint der SPD-Bundestagsabgeordneter für Hattingen, Herdecke, Sprockhövel, Wetter und Witten. Selbst wenn der Bundeszuschuss in absehbarer Zeit 100 Milliarden pro Jahr betragen werde, sei dies gut investiertes Geld. Es gehe um den Zusammenhalt der Gesellschaft und um ein Versprechen, das eingehalten werden müsse, betont der 66-Jährige, der auch rentenpolitischer Sprecher seiner Partei ist. Kapschack warnt vor Panikmache. Der entscheidende Faktor für die Rentenfinanzierung sei ein funktionierender Arbeitsmarkt und der Umstand, dass ausnahmslos alle Erwerbstätigen in die Rentenkasse einzahlten – eben auch Selbstständige, Beamte oder Abgeordnete. Eine pauschale Erhöhung des Renteneintrittsalters hält der SPD-Politiker für ungerecht. Wer weniger verdiene, lebe noch immer deutlich kürzer.

Die Einordnung Ein parteipolitisches Thema von solcher Tragweite mit ideologischen Vorstellungen zu vermischen, wie die AfD es anstrebe, hält Julia Rathcke für keine gute Idee. „Das geht an der Sache vorbei“, findet die Politikredakteurin der Rheinischen Post. Auch einen frei wählbaren Renteneintritt hält sie für nicht praktikabel. Die wichtigsten Stellschrauben für die künftige Bemessung der Altersbezüge blieben nun einmal die Beschränkung des Rentenniveaus, die Anhebung des Beitrags, das Renteneintrittsalter und die Höhe des Bundeszuschusses. „Wahrscheinlich muss man alles in den Blick nehmen“, findet Julia Rathcke. „Das große Problem der Parteien ist, dass sie nicht so recht damit um die Ecke kommen, wer das alles bezahlen soll.“

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