Neue Bildungsstudie Nirgendwo Fortschritte in Mathe

Berlin · Viele Schüler sind laut einer Studie in Mint-Fächern zurückgefallen. Betroffen ist vor allem das Gymnasium.

 Signifikant positive Veränderungen sind laut Bildungstrend bei Mathematik für kein Bundesland zu verzeichnen (Archivbild).

Signifikant positive Veränderungen sind laut Bildungstrend bei Mathematik für kein Bundesland zu verzeichnen (Archivbild).

Foto: dpa/Patrick Pleul

Der IQB-Bildungstrend gilt als der nationale Pisa-Test Deutschlands. „Pisa“, da zucken immer noch viele Lehrer, Eltern und Politiker zusammen. Nicht vergessen ist das Dilemma aus dem Jahr 2000. Und Erleichterung bringt der aktuelle Bildungstrend des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) nun auch nicht. Vorweg: Insgesamt blieb das Niveau in den Mint-Fächern weitgehend stabil. Doch es gibt starke regionale Unterschiede bei den einzelnen Fächern. Fast 45 Prozent der Neuntklässler erreichen oder übertreffen in Mathematik die Anforderungen der Kultusministerkonferenz. 31 Prozent verfehlen sie, schaffen aber das angepeilte Minimalziel. Die restlichen 24 Prozent schaffen auch das nicht. In Biologie, Chemie und Physik lagen die Anteile der Schüler unterhalb des Mindeststandards bei fünf bis 17 Prozent. Das IQB testete für die Erhebung rund 45.000 Schüler aller Schulformen. Verglichen wurden die Daten nun mit dem ersten Bildungstrend aus 2012.

Gut sind die Zahlen in Bayern und Sachsen, dramatisch dagegen die Einbrüche in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. In Brandenburg verlieren die Schüler im Fach Mathematik 25 von den Studienautoren definierte Leistungspunkte, in Biologie sind es 33, in Chemie 37. Umgerechnet sei das etwa so, als hätte der Unterricht in diesen Fächern ein Jahr lang nicht stattgefunden, hieß es. Etwas punkten kann hingegen Nordrhein-Westfalen. Im Fach Mathematik verbesserte sich NRW im Vergleich zur Erhebung 2012 um drei Leistungspunkte, bei Physik waren es fünf und bei Chemie ebenfalls drei. Einen nennenswerten Fortschritt sehen die Studienautoren vor allem im Fach Mathematik trotzdem nicht. „Signifikant positive Veränderungen“ seien hier für kein Bundesland zu verzeichnen.

Das NRW-Schulministerium zeigt sich dennoch erfreut über die Ergebnisse. „Nordrhein-Westfalen steigt auf“, sagte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP): „Wir sind in allen Bereichen besser geworden und haben uns vom Ende der Rangreihen ins Mittelfeld verbessert. Gleichwohl zeigen die Ergebnisse, dass es weiterhin konkreten Handlungsbedarf gibt, zum Beispiel am Gymnasium.“

Deutschlands beliebteste Schulform büßte in den vergangenen Jahren ein. So heißt es in der Studie: „Für die mittleren Leistungen in den Gymnasien ist in allen naturwissenschaftlichen Fächern außer im Kompetenzbereich Erkenntnisgewinnung im Fach Biologie ein ungünstiger Trend zu verzeichnen.“ Anders als bei Mathe unterschieden die Studienautoren bei den Naturwissenschaften zwischen „Fachwissen“ und „Erkenntnisgewinnung“.

Zu den Gründen der Ergebnisse macht der Bildungstrend keine Angaben. Am steigenden Anteil von Kindern aus zugewanderten Familien liegt das schlechte Abschneiden vieler Bundesländer jedenfalls nicht. Diesen Zusammenhang untersuchten die Autoren. „Gerade in den ostdeutschen Bundesländern, in denen wir negative Trends beobachtet haben, gibt es nur einen relativ geringen Anteil an Jugendlichen aus zugewanderten Familien“, sagte Stefan Schiplowski, wissenschaftlicher Leiter des IQB-Bildungstrends.

Die Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Susanne Lin-Klitzing, empfahl, sich an den Vorzeigeländern Bayern und Sachsen zu orientieren. “Diese Länder sind mit ihren Schulsystemen dauerhaft erfolgreich. Sie haben ein stark gegliedertes Schulsystem. Sie haben eine verbindliche Grundschulempfehlung. Das haben alle Länder am unteren Leistungsrand nicht”, so Lin-Klitzing. Die Leiterin des IQB, Petra Stanat, ist ähnlicher Meinung: “In fast allen Bundesländern gab es über die Jahre hinweg erhebliche Veränderungen der Schulstrukturen. In Sachsen und Bayern dagegen kaum. Womöglich schlägt sich diese schulpolitische Stabilität auch auf die Leistungsergebnisse nieder.”

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