„Kann ich nicht empfehlen“ Antisemitismus-Beauftragter warnt Juden vor Tragen der Kippa in Deutschland

Berlin · Immer wieder gab es in Deutschland Übergriffe auf Juden, die eine Kippa trugen. Daher hat der Antisemitismus-Beauftragte gewarnt, eine solche in der Öffentlichkeit zu tragen. Der NRW-Innenminister Reul ermutigt allerdings zum Tragen der Kippa.

 Eine Kippa in der Öffentlichkeit zu tragen, könnte laut Felix Klein gefährlich sein.

Eine Kippa in der Öffentlichkeit zu tragen, könnte laut Felix Klein gefährlich sein.

Foto: dpa/Fredrik von Erichsen

Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat Juden in Deutschland davor gewarnt, die Kippa aufzusetzen. "Ich kann Juden nicht empfehlen, jederzeit überall in Deutschland die Kippa zu tragen", sagte Klein den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Seine Meinung habe sich "im Vergleich zu früher leider geändert", fügte er hinzu.

Der Regierungsbeauftragte begründete die Entwicklung mit einer "zunehmenden gesellschaftlichen Enthemmung und Verrohung". "Hierzu haben das Internet und die sozialen Medien stark beigetragen, aber auch die fortgesetzten Angriffe auf unsere Erinnerungskultur", sagte Klein. Etwa 90 Prozent der Straftaten seien dem rechtsradikalen Umfeld zuzurechnen. Muslimische Täter guckten oft arabische Sender, "in denen ein fatales Bild von Israel und Juden vermittelt wird".

Klein forderte angesichts des starken Anstiegs antisemitischer Straftaten in Deutschland Schulungen für Polizisten und andere Beamte. Es gebe "viel Unsicherheit bei Polizisten und bei Behördenmitarbeitern im Umgang mit Antisemitismus", erklärte er. Viele wüssten nicht, "was erlaubt ist und was nicht".

Es gebe eine klare Definition von Antisemitismus, und die müsse in den Polizeischulen gelehrt werden. "Genauso gehört sie in die Ausbildung der Lehrer und Juristen", sagte der Antisemitismus-Beauftragte.

Unterdessen hat Nordrhein-Westfalens Innenminister Juden und Jüdinnen in Deutschland zum Tragen der Kippa ermutigt. „Ich kann Jüdinnen und Juden nur ermuntern, sich nicht einschüchtern zu lassen und stattdessen stolz und erhobenen Hauptes durch Deutschland zu gehen - selbstverständlich auch mit Kippa“, erklärte Herbert Reul (CDU) nach Angaben des Innenministeriums vom Samstagabend. „Die nordrhein-westfälische Polizei steht dabei immer an ihrer Seite. Es darf in Deutschland nie wieder No-Go-Areas für Mitbürger jüdischen Glaubens geben.“

Derweil mahnt Bundesinnenminister Horst Seehofer zu hoher Wachsamkeit und einem entschlossenen Handeln der Sicherheitsbehörden. „Es wäre nicht hinnehmbar, wenn Juden ihren Glauben in Deutschland verstecken müssten. Der Staat hat zu gewährleisten, dass die freie Religionsausübung ohne Einschränkungen möglich ist“, erklärte der CSU-Politiker am Samstagabend in Berlin. „Angesichts der Entwicklung antisemitischer Straftaten müssen wir besorgt und wachsam sein.“

(mja/AFP)
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