Rezo-Abrechnung, Klima-Debatte Jugend setzt Union unter Druck - Dämpfer bei Europawahl befürchtet

Berlin · Kurz vor der Europawahl kämpft die Jugend in Deutschland mit „Fridays vor future“ für eine andere Klimapolitik. Für die regierenden Parteien ist der Protest unangenehm. Profitieren dürften die Grünen.

 Europaweite Klimaproteste: Die Jugendlichen in Lisabon warnen davor, dass die Zeit zum Handeln abläuft.

Europaweite Klimaproteste: Die Jugendlichen in Lisabon warnen davor, dass die Zeit zum Handeln abläuft.

Foto: AP/Armando Franca

Unmittelbar vor der Europawahl setzen Proteste gegen den Klimawandel die Parteien unter Druck. Bundesweit gingen  Zehntausende Schüler, Studenten und auch ältere Bürger für die „Fridays vor future“-Bewegung auf die Straße.

In den großen NRW-Städten waren es mehr als 20.000 Schülerinnen und Schüler, die den Unterricht ausfallen ließen und für mehr Klimaschutz demonstrierten. Deutschlandweit gab es Proteste in über  200 Städten. International mobilisierte das Klimanetzwerk an rund 1600 Orten. Gründerin und Führungsfigur Greta Thunberg beteiligte sich in ihrer Heimat in Stockholm. Sie nannte es „unglaublich“, dass zur gleichen Zeit Hunderttausende Kinder und Jugendliche weltweit für das Klima demonstrierten. In Brüssel, Straßburg und Luxemburg kam es zu Protesten vor den Europäischen Institutionen.

Für die CDU in Deutschland hat sich das Thema Klima im Wahlkampfendspurt als Stimmungskiller erwiesen. Hinter vorgehaltener Hand räumen die Spitzenpolitiker der Union ein, dass man tatsächlich keine Leute und keine überzeugenden Positionen zum Klimaschutz habe. Das polemische Video des YouTubers Rezo lenkte zudem die Aufmerksamkeit der jungen Generation auf das Defizit der Union bei diesem Thema. Dass es Bund und Ländern gerade gelungen ist, den Kohleausstieg festzuzurren und dass auch die Tage von Atomkraftwerken in Deutschland gezählt sind - mit diesen Fakten drangen die Regierungsparteien zum Schluss kaum noch durch.

Die jüngsten Umfragen sehen in Deutschland  die Grünen als die großen Gewinner der Europawahl. In einer am Freitag vom Meinungsforschungsinstitut Ipsos veröffentlichten Umfrage kamen die Grünen auf 18 Prozent und lagen damit vor der SPD, die bei nur 17 Prozent taxiert wurde. Die Union lag bei 27 Prozent.

In dieser Woche spitzte sich die  Frontstellung zwischen Regierung und protestierender Jugend zu. Der Vorsitzende der Brandenburger CDU, Ingo Senftleben, sprach sich  entgegen der Parteilinie für die generelle Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre aus – was in der Partei jüngst noch abgelehnt wurde. „Es ist wichtig eine Generation, die sich politisch beteiligen will, früher und besser einzubinden“, sagte Senftleben unserer Redaktion.  „Wir erleben eine junge Generation, die sich und ihren politischen Ansichten lautstark Luft macht, auf Demonstrationen, wie bei Fridays for future oder gegen Artikel 13 und im Internet, wie jetzt in einem viel diskutierten YouTube-Video.“ Er warnte davor, die Jugend hochnäsig und herablassend zu behandeln, „nur weil uns ihre Kritik unangenehm ist“. Senftleben forderte: „Lassen wir unsere Jugend wählen. Holen wir sie von Youtube ins Wahllokal.“ Demokratie sei nur dann gut, wenn man dabei sein dürfe. Der Vorstoß ist bemerkenswert, da die Union aktuell bei jungen Leuten unterdurchschnittlich Zustimmung bekommt.

Europaweit wird bei den Wahlen mit einem Anstieg  der populistischen Kräfte gerechnet. Bereits am Donnerstag hatten Großbritannien und die Niederlande gewählt. In Großbritannien wird voraussichtlich die Brexit-Partei von Nigel Farage die große Siegerin. In den Niederlanden konnten die Rechtspopulisten Prognosen zufolge ebenfalls zulegen. Allerdings sind  dort die Sozialdemokraten mit Frans Timmermans an der Spitze der wahrscheinliche Wahlsieger. Offizielle Ergebnisse dürfen erst nach Schließung der Wahllokale in allen EU-Ländern veröffentlicht werden, damit die Wahlen nicht durch bereits vorliegende Ergebnisse beeinflusst werden.

(qua)
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