Außenminister Maas über Rezo-Video „Größter Fehler ist, Youtuber pauschal zu verunglimpfen“

Berlin · Das Anti-CDU-Video des Youtubers Rezo hat kurz vor der Europawahl die Parteien aufgeschreckt. Außenminister Heiko Maas fordert jetzt eine andere Kommunikation von Politik. Unterstützung bekommt er von einer ehemaligen Piraten-Politikerin.

 Außenminister Heiko Maas.

Außenminister Heiko Maas.

Foto: AP/Markus Schreiber

Außenminister Heiko Maas hat für eine stärkere Vermittlung von Politik über soziale Medien plädiert. „Viele von uns haben noch nicht erkannt, dass sie auch die Art, wie heute kommuniziert wird, digital und über soziale Medien, für die Politik nutzen können und müssen“, sagte der SPD-Politiker „t-online.de“. Politiker seien manchmal zu selbstfixiert. „Für das, was wir tun, sollten wir immer auch um gesellschaftliche Akzeptanz werben. Dafür müssen wir offener und moderner kommunizieren.“

Die Kritik junger Youtuber an der Bundesregierung müsse man ernst nehmen, erklärte Maas. „Auch wenn wir nicht alle Argumente teilen: Der größte Fehler ist, Youtuber oder auch die Fridays-for-Future-Demonstranten pauschal zu verunglimpfen oder ihnen das Recht abzusprechen, sich einzubringen.“ Es zeige doch, wie groß das Interesse vieler junger Menschen an Politik sei.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hat die Kritik der Youtuber vor allem an der Klimapolitik von Union und SPD im Grundsatz begrüßt. „Das ist ein deutliches Signal“, sagte Klingbeil der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Aber ich bleibe dabei: Es ist gut, dass sich die junge Generation einmischt und ihre Stimme erhebt.“ Weiter sagte er: „Ja, wir müssen in Sachen Klimaschutz schneller werden.“ Wichtig sei aber auch, Klimaschutz sozial verträglich zu gestalten. Schnell kommen müsse das geplante Klimaschutzgesetz. „Da haben wir erhebliche Konflikte mit CDU und CSU, die auf der Bremse stehen.“

Nach Ansicht von Linke-Chef Bernd Riexinger hat der Youtuber Rezo mit seiner Fundamentalkritik an der CDU recht. „Ich bin absolut begeistert. Man spricht ja immer davon, die Jugend wäre unpolitisch. Ich sehe das gar nicht“, sagte Riexinger am Freitagabend der Deutschen Presse-Agentur am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Berlin. Dass mehr als fünf Millionen Leute sich ein solches einstündiges, hochpolitisches Video anschauten, sei wirklich sensationell. Rezos Anti-CDU-Video verzeichnete am Freitag bereits mehr als 7,5 Millionen Klicks.

Riexinger zeigte auch Verständnis für die mehr als 70 Youtuber, die sich Rezo in einem zweiten Video angeschlossen hatten, in dem sie dazu aufriefen, bei der Europawahl am Sonntag nicht CDU/CSU, die SPD und auch nicht die AfD zu wählen. CDU und SPD seien am längsten in der Regierung, sagte der Linke-Chef. „Die soziale Kluft ist größer geworden, wir erreichen die Klimaschutzziele nicht, wir verkaufen die Zukunft der jungen Generation. (...) Ich glaube, dass diese Kritik vollkommen gerechtfertigt ist“.

Die Digitalexpertin Marina Weisband erwartet, dass das kritische Polit-Video des Youtubers Rezo kein Einzelfall bleibt. Sie sehe einen Trend, dass die politische Auseinandersetzung auf neue Kanäle übergehe. „Der Kommunikationsstil der Politik ändert sich, und die Parteien scheinen teilweise nicht bereit zu sein, sich darauf einzulassen“, sagte die ehemalige Geschäftsführerin der Piraten-Partei der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag).

Trotz des Youtube-Erfolgs von Rezo sieht Weisband klassische Medien weiterhin als bedeutend an. „Man sollte ehrlich sein: Rezo wäre nicht ansatzweise so viral gegangen, wenn nicht die klassischen Medien in die Berichterstattung eingestiegen wären“, sagte Weisband. „Soziale Medien und Klassische Medien bilden eine Symbiose.“

(mja/dpa)
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