Berlin Basis bestimmt grünes Spitzen-Duo

Berlin · Zehn Wochen liegen vor den Grünen, in denen sich die Entscheidung, die beiden Spitzenposten für die Bundestagswahl 2013 basisdemokratisch von den Parteimitgliedern bestimmen zu lassen, als Vor- oder Nachteil erweisen kann. Begreifen nämlich die potenziellen Grünen-Wähler die Urwahl der Spitzenkandidaten als Zeichen demokratischer Stärke, könnten die Chancen der Grünen tatsächlich wachsen, Schwarz-Gelb 2013 durch Rot-Grün zu ersetzen. Interpretieren sie die Mitgliederbefragung dagegen eher als ein Zeichen der Unfähigkeit der Führungsriege, sich untereinander zu einigen, dürfte die Wahl die Grünen nicht stärken.

Bis zum 10. November soll klar sein, welche beiden Führungsfiguren die Grünen 2013 in den Wahlkampf führen: Zwischen dem 4. und 9. November sollen die eingegangenen Stimmen der knapp 60 000 Parteimitglieder ausgezählt werden. Jedes Mitglied kann bis zu zwei Stimmen abgeben, wobei nicht zwei Stimmen auf zwei männliche Bewerber entfallen und nicht beide Stimmen auf eine Person vereint werden dürfen.

Auf ihrem kleinen Parteitag gestern in Berlin outeten sich zunächst sechs Bewerber für die Spitzenrolle, vier von ihnen sind Prominente. Neben den Fraktionsvorsitzenden Jürgen Trittin und Renate Künast bewerben sich auch Parteichefin Claudia Roth und Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt. Nur Außenseiterchancen haben der Geschäftsmann Fritz Spitzenberger aus Bayern und der Autor Werner Winkler aus Baden-Württemberg, die für mehr neue Gesichter an der Grünen-Spitze plädieren. Weitere Bewerbungen können noch bis zum 16. September eingereicht werden.

In 13 bis 16 Regionalkonferenzen wollen Trittin und Co. bis Anfang November vor Ort für sich werben. Schon der kleine Parteitag gestern geriet zum Schaulaufen: Kämpferisch zog Claudia Roth gegen die "Klimakanzlerin a.D." Angela Merkel (CDU) zu Felde, verspottete Jürgen Trittin Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) als "Teppichluder" und stellte Renate Künast die verfehlte Agrarpolitik der Bundesregierung an den Pranger.

Besonders gespannt hatten die Delegierten auf die Bewerbungsrede Göring-Eckardts gewartet, die sich als Vorkämpferin des Sozialen präsentierte und faire Strompreise für Geringverdiener forderte. Die Vertreterin des grünen Realo-Flügels hatte lange mit ihrer Bewerbung gezögert, die Urwahl zunächst abgelehnt und für ein mehrköpfiges Wahlkampfteam geworben — sich damit aber nicht durchsetzen können. Nun zieht die Ostdeutsche, die Präses der Evangelischen Kirche ist, vor allem gegen die Parteilinke Claudia Roth und Realo-Kollegin Renate Künast ins Feld. Denn kaum einer rechnet damit, dass Trittin nicht als eine der beiden Führungsfiguren aus der Urwahl hervorgehen wird.

Internet Welche Kandidaten an die Spitze wollen: www.rp-online.de/politik

(mar)
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