Untersuchungskommission beschäftigt sich mit Luftabwehr 11. September: Hätte man die Todesflieger stoppen können?

Washington (rpo). Hätten Kampfflugzeuge als letztes Mittel die Zerstörung am 11. September 2001 verhindern oder zumindest ihr Ausmaß verringern können? Am Donnerstag wird sich die Untersuchungskommission zu den Anschlägen mit dieser Frage befassen und damit ihre Ermittlungen abschließen.

Die Anschläge vom 11. September 2001
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Die Anschläge vom 11. September 2001

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Im Blickpunkt steht dabei die Rolle der Bundesluftfahrtbehörde FAA und des North American Aerospace Defense Command (NORAD), einer militärischen Einheit, die den Luftraum über den USA und Kanada verteidigt.

FBI und CIA haben von den Anschlagsplänen des 11. Septembers 2001 nichts mitbekommen. Auf den Flughäfen wurden die Waffen der Entführer vom Sicherheitspersonal nicht entdeckt.

Angehörige von Opfern werfen den Behörden vor, am 11. September versagt zu haben. "Ich denke, sie waren schlecht vorbereitet, und ich denke, dass sie schlechtes Augenmaß gezeigt haben", sagt Kristen Breitweiser, deren Mann Ronald im New Yorker World Trade Center ums Leben kam. Ihrer Ansicht nach hätte vor allem das Flugzeug gestoppt werden können, das ins Washingtoner Pentagon einschlug.

Vertreter der FAA und der NORAD-Luftverteidigung reagieren auf die Kritik, indem sie die bereits getroffenen Konsequenzen nach dem 11. September aufzählen. Sie richteten neue Befehlsketten ein. Selbst Generäle können jetzt den Abschuss eines gekaperten Flugzeuges anordnen. Außerdem wurde die Anzahl der bereitstehenden Abfangjäger erhöht, und bei Großveranstaltungen wird der Luftraum von Kampfjets kontrolliert.

NORAD ist ein Überbleibsel aus dem Kalten Krieg. Damals sollten sowjetische Bomber abgefangen werden, wenn diese über das Polargebiet in den nordamerikanischen Luftraum eindringen sollten. Nach Aussage von NORAD-Oberstleutnant Roberto Garza waren am 11. September 20 Kampfflugzeuge an zehn Orten einsatzbereit. An der Ostküste waren die Maschinen in Massachusetts, Virginia und Florida stationiert. Außerdem gab es aufgetankte und innerhalb von 15 Minuten startbereite Kampfflugzeuge in Kanada, Alaska, der Westküste und in Texas. NORAD konzentrierte sich jedoch auf Punkte außerhalb der USA und nicht nach innen. Vor dem 11. September wurden Flugzeugentführungen allein als Sache der Polizei betrachtet und lagen damit außerhalb der Kompetenz der Luftstreitkräfte.

Die bisher beste Übersicht über die Ereignisse am 11. September gibt eine Chronik, die NORAD in den Monaten nach den Angriffen veröffentlichte. Nach den Worten Garzas werden aber inzwischen einige Informationen als falsch eingestuft. Er sagt jedoch nicht, welche. Aus der Chronik geht hervor, dass die FAA die NORAD-Luftverteidigung um 08.40 Uhr und 08.43 Uhr über zwei gekaperte Flugzeuge informierte, die in Boston gestartet waren. Um 08.46 Uhr schlug die erste Boeing 767 im World Trade Center ein. Sechs Minuten danach hoben auf dem Luftwaffenstützpunkt Otis in Massachusetts zwei Maschinen vom Typ F-15 ab. Sie verpassten die zweite Maschine, die um 09.02 Uhr in den WTC-Südturm einschlug.

Um 08.55 Uhr änderte eine in Washington gestartete Boeing 757 der American Airlines ihren Kurs. Außerdem wurde der Funktransponder abgeschaltet, mit dem Informationen über den Flug das Flugkontrollzentrum gesendet werden. Angehörige der Opfer werfen der FAA und NORAD in diesem Punkt Versagen vor, weil sich die Maschine erst 45 Minuten später in das Pentagon bohrte.

Präsident hätte Einwilligung geben müssen

Für einen Abschuss eines entführten Flugzeuges hätte jedoch Präsident George W. Bush die Einwilligung geben müssen. Dies tat er auch, aber erst nachdem das Pentagon getroffen war. Außerdem hätten die beiden F-16 auf dem Stützpunkt Langley in Virginia eher starten müssen. Warum dies nicht geschah, ist bis heute unklar. Den NORAD-Angaben zufolge erhielten die Piloten um 09.24 den Einsatzbefehl, also erst eine halbe Stunde nach der Kursänderung.

Dies ist ein Hinweis, dass die FAA sehr lang für den Alarm gebraucht hat. Ex-FAA-Chefin Jane Garvey sagt jedoch, dass NORAD schon eher telefonisch informiert worden sei. Nach Aussage des am 11. September Dienst habenden Kommandeurs wäre es technisch möglich gewesen, die auf das Pentagon zufliegende Maschine abzuschießen.

Doch die Maschinen hoben erst um 09.30 Uhr in Langley ab. Zum Zeitpunkt des Einschlags im Pentagon um 09.40 Uhr waren sie noch gut 150 Kilometer entfernt. Wären die Piloten rechtzeitig in Washington gewesen, hätten sie und ihre Kommandeure mit dem Bewusstsein leben müssen, eine Maschine mit überwiegend unschuldigen Menschen abgeschossen zu haben. Außerdem hätten die explodierenden Wrackteile am Boden ebenfalls Menschen treffen können.

20 Minuten nach dem Angriff aufs Pentagon befahl die FAA allen zivilen Flugzeugen die Landung. Die NORAD-Offiziere beobachteten eine vierte gekaperte Maschine, United Airlines 93. Die Kampfflugzeuge kreisten über Washington und warteten auf die Boeing 757. Doch zu einem Einsatz kam es nicht mehr. Um 10.03 Uhr explodierte das Flugzeug auf einem Feld bei Shanksville in Pennsylvania. Passagiere hatten zuvor versucht, die Terroristen im Cockpit zu überwältigen.

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