Proteste gegen US-Luftangriff Annan sieht keinen Grund für Angriff auf Irak

Jerusalem/Bagdad (rpo). Nach den Worten von Kofi Annan ist ein Krieg gegen den Irak derzeit durch nichts zu begründen. Die USA sollten auf jeden Fall den Bericht der Waffen-Kontrolleure abwarten, so der UN-Generalsekretär.

Die UN-Waffeninspektoren könnten bislang in Irak ungehindert ihrer Arbeit nachgehen, sagte Annan am Dienstag in einem Interview mit dem israelischen Armeerundfunk. Die USA sollten, bevor sie einen Angriff starteten, den Bericht der Inspektoren abwarten. Diese setzten in Irak ihre Suche nach Hinweisen auf verbotene Waffenprogramme und Massenvernichtungswaffen fort.

Die Inspektoren wollen am 27. Januar in New York einen Bericht über ihre Untersuchungen in Irak vorlegen. Er hoffe weiter, dass ein Krieg vermieden werden könne, sagte Annan. Die Inspektoren machten derzeit ungehindert ihre Arbeit und Irak kooperiere. Er sehe deshalb im Moment keinen Grund für eine Militäraktion. Wenn die Kontrollen in der selben Geschwindigkeit weitergingen, "dann werden wir bald wissen, was in Irak vorgeht."

Die USA sind unzufrieden mit dem irakischen Bericht über die Waffenprogramme. Sie vermuten, dass vieles verschwiegen wird. Irak wiederum beharrt darauf, dass es keine biologischen, chemischen und atomaren Massenvernichtungswaffen in dem Land gibt.

Diesen widersprüchlichen Erklärungen versuchten die Inspektoren auch am Dienstag wieder in Irak nachzugehen. Sie besuchten acht Einrichtungen, darunter eine Maschinenbaufirma des staatlichen irakischen Rüstungskonzerns, eine militärische Chemieanlage westlich von Bagdad, eine Elektronikfirma und ein medizinisches Forschungszentrum.

Irak protestierte unterdessen bei Annan gegen einen US-Luftangriff im Süden des Landes, bei dem drei Iraker getötet und 16 verletzt worden sein sollen. Der Angriff vom 26. Dezember sei ein "schwerwiegender Verstoß" (material breach) gegen bestehende Resolutionen des Sicherheitsrats gewesen, erklärte der irakische Außenminister Nadschi Sabri in einem Schreiben an Annan.

Die von USA und Großbritannien durchgesetzten Flugverbotszonen in Irak seien ein Verstoß gegen internationales Recht und die UN-Charta. Annan wurde aufgefordert, den Sicherheitsrat darüber zu informieren, dass solche Angriffe den Frieden gefährdeten. Die USA, Großbritannien und Kuwait, deren Herrscher direkt beteiligt seien, sollten zur Rechenschaft gezogen werden. Der Brief Nadschis trug das Datum vom Montag, ging dem Büro der Nachrichtenagentur AP in Bagdad aber erst am Dienstag zu.

Die USA hatten am 26. Dezember vermutete Militäreinrichtungen in Südirak angegriffen und damit Vergeltung für den Abschuss einer Aufklärungsdrohne drei Tage zuvor geübt.

US-Außenminister Colin Powell hatte am Wochenende versichert, in den USA sei noch keine Entscheidung über einen Krieg gefallen. Die USA brächten aber alles in Stellung, um reagieren zu können, falls dies notwendig werden sollte.

Der irakische Handelsminister Mohammed Mehdi Saleh versicherte, sein Land sei bereit zum Krieg und werde den USA "schwerste Verluste" zufügen, wenn diese angreifen sollten. Die Iraker würden noch erbitterter als im Golfkrieg 1991 kämpfen.

Weißes Haus rechnet Kosten für Irakkrieg runter

Das Weiße Haus hat unterdessen die Kosten für einen möglichen Irakkrieg nach neuen Berechnungen deutlich niedriger angesetzt als noch vor einigen Monaten. Der Finanzchef des Weißen Hauses, Mitchell Daniels, sagte in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der "New York Times", er gehe von Gesamtkosten in Höhe von 50 bis 60 Milliarden Dollar (47,7 bis 57,2 Milliarden Euro) aus.

Noch vor einigen Monaten hatte der inzwischen entlassene Wirtschaftsrater des Präsidenten, Lawrence Lindsey, die Kosten mit 100 bis 200 Milliarden Dollar angegeben. Daniels sagte, diese Schätzungen seien zu hoch gewesen.

Die nun angebene Summe entspricht nach Angaben der "New York Times" den Kosten des Golfkriegs von 1991 in Höhe von 60 Milliarden Dollar, wobei der größte Anteil der Kosten allerdings damals von den internationalen Partnern wie Kuwait und Deutschland übernommen worden war. Damit ist in Fall eines neuen Kriegs nicht zu rechnen.

(RPO Archiv)
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