Kurs auch gegen Widerstände durchsetzen Schröder will "schmerzhafte" Reformen

Berlin (rpo). In seiner Neujahrsansprache stimmt der Bundeskanzler die Bundesbürger auf "schmerzhafte" Reformen ein. Von jedem einzelnen forderte er den "den Mut zu grundlegenden Veränderungen". Seinen Kurs will der Kanzler auch gegen Widerstände in den eigenen Reihen durchsetzen.

Dabei zeichnen sich Konflikte mit den Gewerkschaften, Teilen der SPD und auch mit Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) ab. Nötig sei "mehr Eigenverantwortung jedes Einzelnen". Dabei sieht Schröder offenbar vor allem im Gesundheitswesen Handlungsbedarf.

Trotz massiver Kritik der Gewerkschaften und Murren aus der SPD bekannte sich Schröder am Montag im ARD-Morgenmagazin zu dem Strategiepapier aus seinem Haus und sagte mit Blick auf die zuständigen Ministerien: "Das soll schon eine Richtung angeben." SPD- Fraktionschef Franz Müntefering spielte den Stellenwert des Kanzlerpapiers dagegen herunter. "Das Papier ist die Vorbereitung eines Papiers", sagte er im Inforadio Berlin-Brandenburg. Die Regierung sei aber an den Koalitionsvertrag gebunden, und der schreibe soziale Gerechtigkeit fest.

Schröder sagte, auf dem Arbeitsmarkt und bei der Rente habe Rot- Grün mit Reformen begonnen. "In anderen Bereichen müssen wir noch kräftig nachlegen. Das heißt, wir sind am Beginn eines harten Weges. Wir werden ihn erfolgreich zu Ende gehen." Dies werde für Betroffene auch schmerzhaft sein, räumte er im ARD-Morgenmagazin ein. Dennoch führe kein Weg daran vorbei. "Niemand darf blockieren oder behindern. Jeder sollte mit seinen Möglichkeiten vorangehen, damit das Ganze vorankommt", sagte der Kanzler in seiner Neujahrsansprache.

Vor allem in der Gesundheitspolitik drängt das Kanzleramt in dem Strategiepapier auf einen Kurswechsel und rückt von Positionen der SPD ab. Nach dem Vorbild der privaten Krankenversicherung sollen auch die gesetzlichen Kassen Prämien für kostenfreie Jahre sowie Wahltarife mit Selbstbehalten anbieten können. Dabei zahlen die Versicherten die Kosten bis zu einer vereinbarten Höhe selbst und bekommen dafür einen niedrigeren Kassenbeitrag.

In ihrem Wahlprogramm hatte die SPD die Idee der Union, solche Selbstbehalt-Tarife einzuführen, als "Zwei-Klassen-Medizin" noch kategorisch abgelehnt. Auch Schmidt steht solchen Modellen, wie sie die Techniker Krankenkasse erproben will, ablehnend gegenüber. Die Ministerin setzt vor allem auf Hausarzt- und Vorsorge-Modelle. Dabei müssen Versicherte zum Beispiel weniger zu Arzneien zuzahlen, wenn sie immer zuerst den Hausarzt aufsuchen oder regelmäßig zur Vorsorge gehen. Auch für Arbeitslose und Rentner deutet das Kanzlerpapier Einschnitte an.

Ein weiterer Anstieg von Steuern und Abgaben müsse unbedingt verhindert werden, heißt es. Deshalb müssten die Sozialsysteme grundlegend reformiert werden. Die Gewerkschaften haben Schröder bereits vor einem Kurswechsel auf Linie des Strategiepapiers gewarnt. In diesem Fall drohe ein "tief greifender Konflikt", sagte Ver.di-Chef Frank Bsirske. In dem Papier werde "der Angriff auf die sozialen Sicherungssysteme" forciert.

(RPO Archiv)
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