Klimawandel Bis 2020 schmilzt der letzte deutsche Gletscher

Berlin (RPO). Im Jahr 2020 wird der letzte deutsche Gletscher auf der Zugspitze verschwunden sein - eine von vielen Folgen des Klimawandels. Andere Auswirkungen sind dramatischer: Hochwasser, Dürre, Stürme. Für den Menschen bringt die globale Erwärmung gesundheitliche Probleme mit sich.

 Gletscher wird es zum Ende des Jahrhunderts kaum noch geben.

Gletscher wird es zum Ende des Jahrhunderts kaum noch geben.

Foto: ddp, ddp

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) gab am Dienstag in Berlin den Startschuss für das neue bundesweite Kompetenzzentrum für Klimafolgen und Anpassung (KomPass), das beim Umweltbundesamt angesiedelt ist. Es soll das Umweltministerium beim Erarbeiten einer nationalen Anpassungsstrategie unterstützen und regionale wie nationale Forschungsprojekte bündeln und vernetzen. Deren Ergebnisse sollen für Entscheidungsträger verständlich und klar aufbereitet und per Internet zugänglich gemacht werden.

Die Arbeit von KomPass geht von bereits heute in Deutschland zu beobachtenden Klimaänderungen aus. So waren 16 der zurückliegenden 17 Jahre wärmer als die langjährige Durchschnittstemperatur von 8,3 Grad. Extreme Wetterereignisse wie Hitzeperioden, aber auch Starkniederschläge nahmen in ungewöhnlichem Ausmaß zu. Nach Untersuchungen der Versicherungswirtschaft war die Zahl klimabedingter größerer Schadensereignisse in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts doppelt so hoch wie im Jahrzehnt zuvor.

Jüngere Beispiele sind das Elbhochwasser von 2002 mit einem gesamtwirtschaftlichen Schaden von rund 9,2 Milliarden Euro und der Hitzesommer 2003, durch den Schätzungen zufolge in Europa etwa 30. 000 zusätzliche Todesfälle zu verzeichnen waren, davon etwa 7000 in Deutschland.

Angesichts spektakulärer Überflutungen gilt einer der ersten Gedanken in der Diskussion über Klimafolgen häufig dem Hochwasserschutz. Nach Untersuchungen der baden-württembergischen Landesanstalt für Umwelt dürften zum Beispiel im Einzugsbereich des Neckars so genannte Jahrhunderthochwasser künftig um 15 Prozent stärker ausfallen als früher. Dies soll beim Bau neuer Deiche oder Rückhaltebecken berücksichtigt werden. Zudem wollen einige Bundesländer neue Dämme so bauen, dass eine spätere Aufstockung leichter möglich ist.

Neben Starkregen vor allem im Süden und Westen Deutschlands erwarten Klimaforscher zunehmende Dürreperioden besonders im Nordosten des Landes. Ein frühzeitiges Umsteuern verlangt dies in der Forstwirtschaft, wo die Wachstumsperioden sich über Jahrzehnte erstrecken. Nicht nur aus Gründen des Naturschutzes, sondern vor allem der Wirtschaftlichkeit halber werden deutschlandweit bereits Fichten-Monokulturen zu klimaresistenteren Mischwäldern umgebaut. Weitere Studien sollen zeigen, welche Baumsorten gegen den wachsenden Hitzestress am wenigsten anfällig sind. Dabei geht es auch um Schädlingsbefall.

Gesundheitliche Folgen für Menschen

Wie der Hitzesommer 2003 zeigte - für 2006 liegen noch keine zuverlässigen Daten vor - ist der Mensch aber auch unmittelbar gesundheitlich vom Klimawandel betroffen. Bereits seit Mai 2005 warnt der Deutsche Wetterdienst differenziert nach Landkreisen bei der Überschreitung bestimmter Schwellenwerte der gefühlten Temperatur. Mitarbeiter von Alten- und Pflegeeinrichtungen sollen spezielle Schulungen zur Prävention und Therapie von Hitzeschäden erhalten. Gearbeitet wird aber auch an effizienteren Notfallplänen und Möglichkeiten zur besseren Gebäudeisolation gegen Hitze.

Die Einrichtung von KomPass geht auf einen Beschluss der Bundesregierung im Rahmen des Nationalen Klimaschutzprogramms 2005 zurück. Kritiker befürchten, durch die Klimafolgendiskussion trete die Debatte über erforderliche Maßnahmen gegen die weltweite Erwärmung in den Hintergrund. Forscher wie der Leiter des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber, weisen jedoch darauf hin, dass gerade die Folgendiskussion dem Klimaschutz weltweit einen neuen Schub verleihen könnte.

Immerhin haben Wirtschaftswissenschaftler ausgerechnet, dass wirksamer Klimaschutz für ein Zehntel der Kosten zu haben wäre, die dann auftreten würden, wenn ohne Klimaschutz-Maßnahmen die Folgen eingedämmt werden müssten. Daher dringen Versicherungskonzerne, aber auch andere Großunternehmen zunehmend auf eine wirksame Senkung von CO2-Emissionen.

(afp)
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