„Polizeiruf 110: Mörderische Dorfgemeinschaft“ Ein Dorf voller Mörder

Magdeburg · Der Sonntagabendkrimi ist zurück: Im „Polizeiruf“ gibt es zwar keine Leiche, aber jede Menge Verdächtige.

 Die Kommissare und alle Tatverdächtigen in einem Raum, schon beginnt eine Orgie der Geständnisse: Das ganze Dorf hat in der aktuellen Folge des „Polizeirufs“ ein Motiv.

Die Kommissare und alle Tatverdächtigen in einem Raum, schon beginnt eine Orgie der Geständnisse: Das ganze Dorf hat in der aktuellen Folge des „Polizeirufs“ ein Motiv.

Foto: dpa/Stefan Erhardt

In einem Dorf bei Magdeburg findet ein Jäger ein Auto voller Blut. Es ist, wie sich rasch herausstellt, nicht nur der Wagen des Dorfrebellen Jurij Rehberg, sondern auch sein Blut. Die Menge ist so groß, dass sein Überleben ausgeschlossen werden kann. Die beiden Magdeburger Kommissare Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und Dirk Köhler (Matthias Matschke) nehmen in diesem „Polizeiruf 110“, der die Sommerpause der Sonntagabendkrimis beendet, die Ermittlungen auf. Eine Leiche aber ist partout nicht aufzufinden.

Rehberg hatte einen zwiegespaltenen Ruf in dem namenlosen Dorf. Die Frauen himmelten ihn, den maskulinen Haudraufwienix, an; die Männer hassten ihn genau deswegen. Aus der Reihe eifersüchtiger Männer und Frauen sticht zunächst Werner Wolf (Hans Uwe Bauer) heraus. Er drangsaliert seine Tochter Annette (Katharina Heyer), die von Rehberg ein Kind erwartet. Wolfs Hass auf die Welt hat sich auf die Tochter ausgeweitet – auf ihren Freund sowieso. Aber auch wenn Wolf eingangs mit einem Gewehr herumfuchtelt, drängen sich noch ein paar andere als Tatverdächtige auf. Dass der Täter aus dem Kreise des Dorfes stammt, verrät bereits der Titel: „Mörderische Dorfgemeinschaft“. Das Maß der Spannung hält sich dementsprechend in Grenzen.

Das Dorf als Sehnsuchtsort befindet sich in der Renaissance. Ein ganzes Genre von Heimatromanen untersucht das zeitgenössische Leben im Dorf. Dieser „Polizeiruf“ bringt aus soziologischer Sicht leider keine neuen Erkenntnisse. Er arbeitet sich an Klischees über das Dorf ab, dass es einem zwischendurch ganz schön müde werden kann.

Sämtliche Dorfbewohner weisen seltsame Züge auf. „Alle reden viel, keiner sagt was“, sagt Kommissarin Brasch. Der Automechaniker, die Bäcker-Familie, der Bauer – alle wirken hölzern. Die Kommissare aus der Großstadt Magdeburg scheinen mit der Zeitmaschine in dieses Dorf gereist zu sein, wo an den Wänden selbstverständlich Wildschwein- und Hirschköpfe hängen. Es ist ein bisschen schade, dass der Film dieses überzeichnete Bild eines Dorfes an keiner Stelle brechen kann.

Gemeinsam ist den Figuren die Einsamkeit, die stumm aus ihnen schreit. Sie vermissen Freundschaft, Leidenschaft, Abenteuer, mithin das Leben. So schlimm ist es nun auf einem Dorf nun wahrlich nicht.

Die Suche nach Leiche und Mörder gestaltet sich etwas zäh. Nach und nach wird klar, dass sich Jurij Rehberg neben seiner Freundin Annette Wolf etliche Liebhaberinnen hielt – und mit den betrogenen Ehemännern eine Menge Feinde. Eine Verflossene Rehbergs, eine Barkeeperin, sagt über den Toten ein paar interessante Sätze. „Er bittet nicht, er fordert. Du gibst dich freiwillig auf“, etwa. Oder: „Er hat kein Problem mit Drogen, er hat ein Problem mit sich.“

Nachdem Spürhunde bei fast allen eingeführten Dorfbewohnern Leichengeruch entdecken, kommt es – na klar – an einem großen Tisch zum Showdown. Alle Tatverdächtigen sitzen auf Holzstühlen, die Kommissare präsentieren die Tatwaffe, schon beginnt eine große Orgie der Geständnisse. Das ist alles nicht besonders aufregend. Da hätte der sonntägliche Krimi ruhig noch etwas Pause machen können.

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