Interview mit Senta Berger "Ich war eigentlich immer verliebt"

München · Seit 13 Jahren spielt Senta Berger die Kriminalrätin Eva-Maria Prohacek in der Reihe "Unter Verdacht". Die Ermittlerin kommt in dem packenden Krimi "Grauzone" (ZDF, Sa., 20.15 Uhr) einem Netzwerk auf die Schliche, das sich auf Sozialbetrug spezialisiert hat.

Senta Berger – Filme mit Hollywood-Stars und Krimis
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In ihrem neuen Fall geht es um kriminelle Machenschaften in der Altenpflege. Ein realistisches Szenario?

Berger Die beiden Autoren haben sich an reale Fälle gehalten, die sich in Nordrhein-Westfalen zugetragen haben. Russlanddeutsche, um die es in unserem Film ja geht, haben Anrecht auf soziale Unterstützung in Deutschland, also auch auf Pflegehilfe. Die Visa für alte, pflegebedürftige Russlanddeutsche sind problemlos zu haben. Diesen Menschen wird ein sicherer Platz in einem großartigen Heim versprochen, tatsächlich aber werden sie auf das Übelste abgezockt. Nicht vorhandene Pflege wird mit den Krankenkassen abgerechnet, Medikamente, die nicht gegeben werden, werden verrechnet. Das ist das reale Szenario. Wir haben dieses Thema mit den filmischen Mitteln eines Krimis umgesetzt, ohne den Kern des Problems zu verlieren.

Was läuft Ihrer Ansicht nach generell schief bei der Altenpflege?

Berger Alte Menschen haben keine Lobby. Dennoch bewegten sich der Staat, die Gesellschaft, also wir - langsam, aber doch. Man denkt ja immer, die Reaktionen auf gesellschaftliche Veränderungen, wie immer sie auch sein mögen, könnten schneller und effizienter geschehen. Aber es dauert. Es dauert, bis sie auch in Gesetzesänderungen oder gar in neue Gesetze einfließen. Altenpfleger, das Krankenhauspersonal sind notorisch schlecht bezahlt. Das wissen wir. Was für ein Sozialstaat ist das, wenn er nicht genügend Respekt hat für seine alten Bürger und deren Pfleger?

Warum werden alte Menschen vielfach nur noch als Kostenfaktor begriffen?

Berger Wird in unserem materiellen Zeitalter nicht alles abgerechnet? Was bringt es? Was kostet es? Alte Menschen "bringen" für die Zukunft zu wenig. Ist das wahr? Ich glaube nicht. Ich habe von meinen Eltern so viel erfahren über ihre Vergangenheit und damit über die österreichische Geschichte, sie waren mir mit ihren Erfahrungen eine große Hilfe für meine Gegenwart und für die meiner Kinder. Man muss aber Fragen stellen, zuhören und Antworten einfordern.

Ihre Eltern haben im Alter bei Ihnen gelebt. Ist man früher besser mit den Alten umgegangen?

Berger Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass du in einer durchschnittlichen Wohnung von heute zu deiner eigenen Familie nicht auch noch die Eltern aufnehmen kannst. Und vor allem dann nicht, wenn sie pflegebedürftig sind, und auch dann nicht, wenn man selber beruflich tätig ist oder sein muss. Wir haben in unserem großen Haus über Jahrzehnte ein Drei-Generationen-Haus führen können. Meine Eltern habe ich selbst gepflegt. Mein Mann ist Arzt, und er stand immer an meiner Seite und mehr noch an der Seite meiner Eltern.

Haben Sie selber Pläne für den Fall der eigenen Pflegebedürftigkeit?

Berger Nein. Mit dem Plänemachen versucht man das Unvorstellbare in den Griff zu bekommen. Aber das Leben spielt nicht nach unseren Regeln. Ich denke, dass unsere Söhne im Falle eines Falles für uns entscheiden werden. Zu unserem Besten.

Eva-Maria Prohacek sieht ihrer Zukunft mit gemischten Gefühlen entgegen. Geht es Ihnen ähnlich?

Berger Manchmal überwältigt mich der Gedanke, der ja in meinem Alter auftauchen muss: Wie wenige Jahre mir noch bleiben. Und wohin geht die Welt? Dieser Hass, dieser Fanatismus. Diese Spaltung der Welt wie im Mittelalter. Was wird sein mit meinen Kindern und deren Kindern? Ja, und dann ist es so ein Frühlingstag wie heute - und ich bin ganz ruhig und zuversichtlich.

Wären Sie gerne noch einmal jung?

Berger Oh ja! Sehr gerne. Es war eine herrliche Zeit - mit allen Verwirrungen und Stimmungswechseln. Ich war eigentlich immer verliebt, und das ist doch herrlich.

(RP)
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