Kein "ökumenisches Gastgeschenk" des Papstes Schneider will konkrete Ökumene-Fortschritte

Erfurt (RPO). Beim Treffen mit dem Papst in Erfurt hat die Evangelische Kirche am Freitag ihre Wünsche nach konkreten Fortschritten in der Ökumene unterstrichen. Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider plädierte für ein gemeinsames Abendmahl, insbesondere für Gläubige, die "in konfessionsverbindenden Ehen und Familien" lebten.

Der Papst besucht Thüringen
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Schneider rief dazu auf, bei allen Gemeinsamkeiten "weitere konkrete Schritte zu mehr Gemeinsamkeit zu wagen". Angesichts des Reformationsjubiläums 2017 sei es an der Zeit, "die Erinnerungen an die gegenseitigen Verletzungen in der Reformationszeit" zu heilen und konkrete Wege der Aussöhnung zu gehen. Ein "Geist triumphalistischer Großspurigkeit" werde das Reformationsjubiläum nicht prägen.

Papst würdigt Luther

Am zweiten Tag seines Deutschlandbesuchs hat Papst Benedikt XVI. in Erfurt das Glaubenszeugnis des Reformators Martin Luther gewürdigt, zugleich aber die Hoffnungen auf schnelle Fortschritte in der Ökumene gedämpft. Die Forderungen nach konkreten Fortschritten in der Ökumene bezeichnete er als "politisches Missverständnis des Glaubens".

Es könne nicht wie bei Staatsbesuchen nach vorherigen politischen Verhandlungen und einer beiderseitigen "Abwägung von Vor- und Nachteilen" ein Vertrag abgeschlossen werden, sagte der Papst am Freitag bei einem ökumenischen Gottesdienst im Erfurter Augustinerkloster, einer früheren Wirkungsstätte des Reformators Martin Luther.

Der christliche Glaube beruhe "nicht auf einer Abwägung unserer Vor- und Nachteile", sagte der Papst. Ein "selbstgemachter Glaube" sei wertlos. "Der Glaube ist nicht etwas, was wir ausdenken oder aushandeln, er ist die Grundlage, auf der wir leben", sagte das Kirchenoberhaupt.

"Nicht durch Abwägung von Vor- und Nachteilen, sondern nur durch tieferes Hineindenken und Hineinleben in den Glauben wächst Einheit", ergänzte er. Auf diese Weise sei in den vergangenen 50 Jahren "viel Gemeinsamkeit gewachsen", die gesichert werden müsse.

Gemeinsam für Menschenwürde einsetzen

Protestanten und Katholiken in Deutschland forderte der Papst zudem auf, sich gemeinsam für die Menschenwürde einzusetzen. Dies gelte "von der Empfängnis bis zum Tod, in den Fragen von Präimplantationsdiagnostik bis zur Sterbehilfe", sagte er. Der Glaube müsse sich "in unserem gemeinsamen Eintreten für den Menschen konkretisieren".

Die Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland, Katrin Göring-Eckardt, sagte in dem Gottesdienst, obwohl Katholiken und Protestanten vieles trenne, seien sie durch die "Sehnsucht nach Gott" verbunden. Unter Bezugnahme auf die Situation der Christen in der früheren DDR mahnte Göring-Eckardt: "Wenn man Mauern zu lange bewacht, Mauern aus Stein und Mauern aus Schweigen, dann brechen sie von innen auf, weil die Menschen von der Freiheit wissen."

Hohe Erwartungen im Vorfeld

An den Papst waren hinsichtlich der Ökumene im Vorfeld hohe Erwartungen gerichtet worden, obwohl der Vatikan diese immer wieder zu dämpfen suchte. Die beiden großen theologischen Hürden für eine Annäherung der Kirchen liegen im Abendmahl und in der gegenseitigen Anerkennung der Priester.

Die katholische Kirche lässt Protestanten nicht zur Kommunion zu und untersagt Katholiken die Teilnahme am evangelischen Abendmahl, außerdem akzeptiert sie keine evangelischen Priester. Die evangelische Kirche ist in beiden Punkten offener.

(AFP/KNA/DAPD)
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