Drei Frauen starben im Kaufhaus Würzburger Täter bedrohte schon im Januar Menschen mit Messer

Würzburg · Unterfrankens Polizeipräsident Gerhard Kallert hat am Samstagnachmittag die bislang vorliegenden Erkenntnisse und den Tatablauf der Messerattacke von Würzburg erläutert. Demnach sind drei Frauen in einem Kaufhaus getötet worden. Auch die meisten Verletzten sind weiblich.

 Polizisten stehen einen Tag nach der Messerattacke vor dem abgesperrten Geschäft in der Würzburger Innenstadt.

Polizisten stehen einen Tag nach der Messerattacke vor dem abgesperrten Geschäft in der Würzburger Innenstadt.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Der Verdächtige habe sich unmittelbar vor der Attacke in dem Geschäft nach Messern erkundigt, sich eines aus einer Auslage geschnappt, sofort auf eine Verkäuferin eingestochen und sie tödlich verletzt. Anschließend tötete der Mann nach bisherigen Erkenntnissen dort zwei weitere Frauen. Danach griff er weitere Menschen in einer Bank und auf der Straße an.

Ob der mutmaßliche Täter bewusst Frauen als Opfer ausgewählt hatte, sei hingegen noch nicht bekannt und müsse noch ermittelt werden. Nach gegenwärtigem Ermittlungsstand könne es sich auch um einen Zufall handeln.

„Ich habe Verletzte gesehen, ich habe Tote gesehen“, sagte Kallert. Er bedankte sich unter anderem bei Bürgern, die durch das Verbrechen in eine Extremsituation geraten seien und mitgeholfen hätten, den Täter in eine Gasse zu treiben.

Der 24-jährige Mann aus Somalia soll am Freitagnachmittag in der Innenstadt grundlos auf ihm unbekannten Menschen eingestochen haben. Drei starben, fünf wurden schwer verletzt. Zudem gab es mindestens zwei Leichtverletzte. Nach Angaben der Polizei befindet sich noch eine Frau in Lebensgefahr. Zwei von sieben ernstlich Verletzten seien inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen worden, der Zustand der anderen sei ärztlich stabilisiert worden.

Gegen den mutmaßlichen Täter ist Haftbefehl erlassen worden. Dieser laute auf dreifachen Mord und sechsfachen versuchten Mord, sagte der Pflichtverteidiger des verdächtigen Somaliers, Hanjo Schrepfer, am Samstag in Würzburg. Sein Mandant solle noch am Samstag in ein Gefängnis in Untersuchungshaft überstellt werden. Er sei haftfähig trotz einer Beinschussverletzung.

Nach Gesprächen mit dem 24-Jährigen könne er bisher kein islamistisches Motiv erkennen. „Offiziell hat er sich noch nicht zur Sache eingelassen“, sagte Schrepfer. Bislang ist unklar, ob der zuvor psychisch auffällige Mann aus islamistischen Motiven handelte oder während der Bluttat verwirrt war.

Aus Sicherheitskreisen hieß es am Samstag, der junge Mann habe bei seiner Vernehmung eine Äußerung gemacht, die auf religiösen Fanatismus schließen lasse. Hinweise auf Kontakte zu militanten Salafisten gibt es dem Vernehmen nach bisher jedoch nicht. Zudem haben Ermittler im Obdachlosenheim, in dem der Mann zuletzt lebte, Hassbotschaften gefunden. Das sagte der Leitende Kriminaldirektor Armin Kühnert am Samstag in Würzburg. Das Material sei sichergestellt, aber noch nicht ausgewertet worden. Auch Nachrichten auf einem entdeckten Handy müssten noch untersucht werden, was wegen der dabei genutzten Fremdsprache etwas dauere.

Bereits im Januar hatte der Mann bei einem Streit in einer Obdachlosenunterkunft zu einem Messer gegriffen und es bedrohlich in der Hand gehalten. Das sagte Wolfgang Gründler von der Generalstaatsanwalt Bamberg.

Worum es bei der Auseinandersetzung mit Mitbewohnern und Verwaltern ging, sagte Gründler nicht. Verletzt worden sei niemand. Die Polizei leitete aber ein Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung und Beleidigung ein, der Somalier kam vorübergehend in eine Psychiatrie.

Im Juni soll der 24-Jährige zudem einen Verkehrsteilnehmer in der Würzburger Innenstadt belästigt haben. „Da hat der Beschuldigte ein verstörtes Verhalten mit psychischen Auffälligkeiten gezeigt.“ Der Mann sei erneut in eine Psychiatrie gekommen, aber nach einem Tag wegen fehlenden Behandlungsbedarfes entlassen worden.

Der Somalier sei am 6. Mai 2015 nach Deutschland eingereist, sagte Kallert. Seit dem 4. September 2019 war er in Würzburg erfasst, sein Asylverfahren laufe.

Am Sonntagnachmittag wird es im Kiliansdom der Stadt eine Gedenkfeier für die Opfer geben. Daran werden neben dem katholischen Würzburger Bischof Franz Jung auch Vertreter weiterer Religionen und der Öffentlichkeit teilnehmen, wie Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) am Samstag in Würzburg mitteilte.

Erwartet werden bei der Feier der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, die evangelische Regionalbischöfin Gisela Bornowski und Vertreter der muslimischen Gemeinden. Der Kiliansdom liegt nicht weit vom Ort des Geschehens am Barbarossaplatz mitten in der Würzburger Innenstadt.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich erschüttert über die Todesopfer und die "äußerste Brutalität" des Täters. In ganz Deutschland werde mit den Angehörigen der Opfer getrauert. "Ich bin in Gedanken bei denen, die ihre Nächsten verloren haben. Den Verletzten wünsche ich baldige Genesung", so das Staatsoberhaupt.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schrieb am Abend nach der Tat bei Twitter von einer "entsetzlichen und schockierenden Nachricht aus Würzburg. Wir trauen mit den Opfern und deren Familien. Wir bangen und hoffen mit den Verletzten." Am Samstag sagte Söder: "In diesen schwierigen Zeiten sind wir alle solidarisch!" Der Ministerpräsident ordnete Trauerbeflaggung für Bayern an.

Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, dass die entsetzliche Tat "sich gegen jede Menschlichkeit und jede Religion" richte. Innenminister Horst Seehofer (CSU) dankte den mutigen Zivilisten. "Nach allem, was wir wissen, ist es dem couragierten Eingreifen mutiger Männer und Frauen in Würzburg und dem entschlossenen Handeln der Polizei zu verdanken, dass noch Schlimmeres verhindert wurde", sagte Seehofer der "Bild am Sonntag".

Auch Kirchenvertreter haben sich nach der Messerattacke zutiefst erschüttert gezeigt. Der Würzburger Bischof Franz Jung sprach am Freitagabend von einer "abscheulichen Gewalttat". Er sei den Opfern und deren Angehörigen im Gebet verbunden. "Ich denke in diesen Stunden an Polizei und Rettungskräfte und danke ihnen für ihren Einsatz in dieser extremen Herausforderung. Bitten wir Gott um Frieden in unserer Stadt Würzburg und in unserer Gesellschaft."

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, äußerte am Samstag auf Twitter seine Erschütterung, er sei sprachlos angesichts der sinnlosen Gewalt. "Als Religionen und Gesellschaft sind wir aufgefordert, dagegen aufzustehen", so der Limburger Bischof.

(felt/dpa)
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