Nach Corona-Ausbruch in Gütersloh Mit der Bundeswehr gegen das Virus

Berlin/Düsseldorf · Im Kreis Gütersloh konnte sich Covid-19 in einem Schlachtbetrieb ausbreiten – Behörden und Hilfsorganisationen sind am Ende ihrer Kräfte. Nun kommen ihnen Soldaten zur Hilfe. Zudem gab es massive Kritik an einer Äußerung von Armin Laschet.

 Der Schlachtereibetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück.

Der Schlachtereibetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück.

Foto: dpa/Friso Gentsch

Der massenhafte Corona-Ausbruch im Schlachtbetrieb Tönnies im Landkreis Gütersloh hat die bundesweite Debatte über die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie weiter angeheizt. Behörden und Hilfsorganisationen kämpfen derweil vor Ort darum, das Virus unter Kontrolle zu bekommen. Weil die Hilfskräfte überlastet sind, hat der Kreis Gütersloh Unterstützung bei der Bundeswehr angefordert. Die kündigte an, 25 Einsatzkräfte zu schicken: Sie sollen eine mobile Anlaufstelle für Virustests betreiben. Die Soldaten werden bereits am Freitag damit beginnen und bis Dienstag im Einsatz bleiben, wie die Bundeswehr mitteilte.

Wie sich die mehr als 600 Mitarbeiter mit dem Virus infizieren konnten, ist noch unklar. Die kalten Räume im Schlachthof gelten als möglicher Beschleuniger für die Verbreitung. Tönnies geht zudem davon aus, dass Beschäftigte aus Osteuropa den Erreger aus dem Heimaturlaub mitgebracht haben könnten.

Für eine ähnliche Äußerung erntete NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) heftige Kritik. Auf die Frage, was der Ausbruch mit den Lockerungen in NRW zu tun habe, hatte er am Mittwoch als Teil eines längeren Statements geantwortet: „Das sagt darüber überhaupt nichts aus, weil Rumänen und Bulgaren da eingereist sind und da der Virus herkommt. Das wird überall passieren.“ Kritiker warfen ihm vor, mit diesem Satz Vorurteile zu schüren. Der Chef der SPD-Landtagsfraktion Thomas Kutschaty nannte die Äußerungen „unsäglich und dreist“ und forderte eine öffentliche Entschuldigung. Am Donnerstag stellte Laschet klar: „Menschen gleich welcher Herkunft irgendeine Schuld am Virus zu geben, verbietet sich.“ Ihm sei wichtig klarzumachen, dass das für ihn wie für die gesamte Landesregierung selbstverständlich sei. Laschet betonte, menschenunwürdige Arbeitsbedingungen seien weder in der Fleischindustrie noch in anderen Branchen hinnehmbar.

Der nordrhein-westfälische SPD-Chef Sebastian Hartmann sagte, der Ausbruch in Gütersloh sei „direkte Folge von Armin Laschets laxer Politik beim Arbeits- und Gesundheitsschutz und des aktiven Wegschauens bei Werkvertragsarbeitern in Schlachthöfen“.

Das Problem mangelnder Arbeitsschutzvorschriften in der Fleischbranche ist schon länger bekannt. Im Mai hatte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf verabschiedet, wonach Werkverträge und Leiharbeit in Teilen der Branche verboten werden. Verstöße sollen künftig mit höheren Bußgeldern geahndet werden.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) forderte Konsequenzen. „Hunderte von Infektionen in einem Betrieb. Diese Zustände sind nicht haltbar“, sagte sie. Ihre NRW-Amtskollegin Ursula Heinen-Esser (CDU) sieht als eine Ursache für die Zustände in den Schlachthöfen den Preisdruck aus dem Lebensmittelhandel: „Es gibt haarsträubende Sonderaktionen, bei denen Fleisch deutlich unter seinem Wert verkauft wird.“ Die Landesregierung arbeite an einer Bundesratsinitiative, um die im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb vorgesehenen Ausnahmen deutlich zu erschweren.

Unterdessen verteidigte die Landesregierung ihr Vorgehen, das öffentliche Leben im Kreis Gütersloh nicht komplett lahmzulegen. Nach derzeitigem Stand sei das Infektionsgeschehen lokal eingrenzbar, hieß es aus dem Gesundheitsministerium. „Sollte hier eine neue Bewertung erfolgen, hätte dies mit Sicherheit auch Auswirkungen auf die ergriffenen Maßnahmen.“

(kd/kib/maxi/qua)
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