Hoffnung auf Immunität US-Forscher finden langfristig „robuste Immunantwort“

New York · In einer großen New Yorker Studie fanden Wissenschaftler bei früheren Covid-19-Infizierten knapp ein halbes Jahr später noch teilweise erstaunlich hohe Antikörper-Spiegel im Plasma. Was bedeutet das für eine Impfung?

 Ein Schnelltest für den Nachweis von Covid-19-Antikörpern.

Ein Schnelltest für den Nachweis von Covid-19-Antikörpern.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Neben den vielen anderen Problemen, die wir mit diesem noch längst nicht restlos verstandenen Virus haben, erleben viele Menschen auch ein Wechselbad der Informationen. Anfangs hieß es, wer einmal mit Sars-CoV-2 infiziert sei, sei langfristig immun. Dann meldete sich eine Studie aus England, die berichtete, dass der durch Antikörper vermittelte Immunschutz doch relativ schnell sinke; schon nach kurzer Zeit seien bei einigen Probanden überhaupt keine Antikörper mehr feststellbar gewesen.

Nun haben US-Mediziner im Fachjournal „Science“ eine deutlich optimistischere Einschätzung abgegeben. Die Mehrzahl der knapp 30.000 Covid-19-Patienten, die sie untersuchten, hatte eine „robuste Immunantwort“ mit sogenannten neutralisierenden Antikörpern, die auch nach fünf Monaten noch nachweisbar waren. Das dürfte in der aktuellen Situation für viel Hoffnung sorgen, auch bei der Entwicklung eines Impfstoffs. Doch was ist der Unterschied zwischen beiden Studien?

Beide Studien zielten, kurz gesagt, auf unterschiedliche Antikörper. In London wurde nur ermittelt, welcher Anteil der Bevölkerung bereits Kontakt zum neuen Coronavirus hatte. Dies waren in London im Sommer immerhin 13 Prozent gewesen, was aber von einer sogenannten Herdenimmunität weit entfernt war. Die wäre sowieso nicht gelungen, denn der Londoner „Lateral flow“-Test fand eben keine Hinweise auf längere Immunität.

In New York, am berühmten Mount Sinai Health System, wurde genauer geforscht. Dort kam ein sehr fein gestrickter Test nach dem sogenannten Elisa-Verfahren zum Einsatz, denn er suchte punktgenau nach Antikörpern, die gegen das Spike-Protein von Sars-CoV-2 gerichtet sind. Dieses Spike-Protein nutzt das Virus, um an fremde Zellen im Körper anzudocken und sich einzuschleusen. Außerdem wurde der sogenannte Titer bestimmt, der ein Maß für die Menge der gebildeten Antikörper im Blut ist. Der Test sei, so teilten die Wissenschaftler mit, mit einer Sensitivität von 92,5 Prozent und einer Spezifität von 100 Prozent sehr genau. Das Elisa-Verfahren gilt als ein modernes und automatisiertes System, um Antikörper-Titer zu ermitteln.

Dieser Titer ist in diesem Zusammenhang ein sehr wichtiger Faktor. Wie funktioniert das Verfahren, ihn zu bestimmen? Hierbei wird eine Blutprobe so lange verdünnt, bis man gerade noch Antiköper nachweisen kann. Diese Verdünnungsstufe des Plasmas wird als Titer bezeichnet. Man bestimmt ihn auch, um zu prüfen, ob nach einer Impfung ein ausreichender Impfschutz besteht – in dem Sinne, dass der Körper eine ausreichende Menge an Antikörpern gegen die Impfsubstanz gebildet hat. Je höher die Zahl, desto wahrscheinlicher ist es, dass ausreichend Antikörper für einen Infektionsschutz vorhanden sind. Für eine Plasmatherapie, bei der Erkrankte mit dem Plasma von Genesenen behandelt werden, wird beispielsweise ein Titer von 1:320 gefordert.

Diese Grenze haben nach den New Yorker Ergebnissen mehr als die Hälfte der Getesteten erreicht: Bei 22,49 Prozent wurde ein Titer von 1:320, bei 31,79 Prozent ein Titer von 1:960 und bei 38,60 Prozent sogar ein Titer von 1:2880 erreicht. Da die Probanden über mehrere Monate beobachtet wurden, lässt sich sagen: Zwar sank bei vielen der Titer nach einiger Zeit ab, trotzdem könne man von einer „robusten Immunantwort“ sprechen, die mindestens für ein halbes Jahr gelte. Längerfristige Aussagen können naturgemäß noch nicht getroffen werden.

Forscher überlegen derzeit allerdings, dass ein möglicher Impfstoff gegen Sars-CoV-2 deutlich höhere Antikörper-Spiegel auslösen könne als die normale Infektion. Der Grund ist, dass die Corona-Infektion in der Regel im Nasen-Rachenraum ausgelöst wird, wo die Immunantwort eher schwächer ausfällt. Der Impfstoff würde aber in den Muskel gespritzt, wo die Immunantwort in der Regel viel höher ist.

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