Kostenpflichtige Tests in Frankreich NRW hält an kostenfreien Corona-Tests fest – noch

Düsseldorf · Bayern und Frankreich preschen vor: Um den Druck auf Impfmuffel zu erhöhen, sollen Corona-Tests kostenpflichtig werden. NRW-Gesundheitsminister Laumann hält davon derzeit nichts. Apotheker warnen vor „Bürokratisierung“.

 Röhrchen mit Corona-Abstrichen für den PCR-Test.

Röhrchen mit Corona-Abstrichen für den PCR-Test.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Die Impfkampagne kommt voran, doch das Ziel „Herdenimmunität“ liegt in weiter Ferne. In NRW sind 49 Prozent der Bürger einmal geimpft, 63 Prozent davon vollständig. Zur Erreichung der Herdenimmunität ist aber eine Quote von 85 Prozent nötig. Um den Druck auf Impfmuffel zu erhöhen, wird nun diskutiert, Corona-Tests kostenpflichtig zu machen. In Frankreich müssen die Bürger die aufwendigen PCR-Tests selbst bezahlen. Bayern erwägt nun, die Schnelltests kostenpflichtig zu machen.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hält derzeit nichts davon. „Ich finde, dass diese Diskussion zu einer Unzeit kommt. Richtig ist ja, was Minister Spahn sagt: Irgendwann kommt der Punkt, wo man darüber nachdenken kann. Dieser Punkt ist aber nicht erreicht“, sagte Laumann unserer Redaktion. „Im Gegenteil: Testen ist ein grundlegender Baustein unserer Anti-Corona-Strategie. Tests ermöglichen uns die Rückgabe von Freiheitsrechten. Durch Tests entdecken wir immer noch zahlreiche Infektionen, die sonst vielleicht unentdeckt bleiben würden.“ Der Minister betonte: „Hierfür brauchen wir aber ein niedrigschwelliges Angebot – kostenlos und im ganzen Land gut erreichbar. Ich halte zum jetzigen Zeitpunkt jeden Schritt für falsch, der bei den Menschen Hürden aufbaut, sich testen zu lassen.“

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Aktuell haben die Bürger Anspruch auf regelmäßige kostenlose Tests bei Teststellen (Bürgertests). Wenn Arzt oder Gesundheitsamt einen aufwendigen PCR-Test veranlassen, werden auch diese Kosten übernommen. Wer aber etwa für die Urlaubsreise einen PCR-Test braucht, muss diesen schon jetzt selbst zahlen.

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein kann sich eine Mischung aus Druck und Angeboten vorstellen. „Mit Blick auf das aktuell wieder hochfahrende Kultur- und Freizeitangebot und die parallel dazu zuletzt erheblich abnehmende Zahl an Teststellen im Land wird der ‚Druck‘ auf Ungeimpfte mittelfristig automatisch zunehmen“,sagte KV-Chef Frank Bergmann. „Je nach Infektionslage könnte dann zum Herbst auch bei der Frage nach weitgehend nur noch eigenfinanzierten PCR-Testungen die individuelle Entscheidungsfreiheit gegen die Interessen des Gemeinwohls richtigerweise abgewogen werden.“ Zugleich setzt Bergmann darauf, dass sich noch viele überzeugen lassen: „Es wird auch in den kommenden Wochen wichtig sein, bislang noch Ungeimpften niedrigschwellige Impfangebote zu unterbreiten.“ Das Online-Verzeichnis von Praxen, die auch „fremde“ Patienten impfen, sei dabei ein Baustein.

Der Vorstand der KV Westfalen will sich nicht festlegen. „Die Forderung, dass PCR-Tests für Impfverweigerer kostenpflichtig sein sollten, ist zwar nachvollziehbar, es stellt sich jedoch die Frage, was man dadurch tatsächlich erreicht. Denn neben der gewünschten Konsequenz, dass sich mehr Menschen impfen lassen, ist es auch denkbar, dass man diese Personen noch mehr abschreckt.“ Zudem müsse der PCR-Test für Menschen kostenfrei bleiben, die sich noch nicht impfen lassen können wie etwa Schwangere oder Kinder. Man werde weiter auf kreative Impfangebote setzen: „Die Menschen müssen verstehen, dass jede Impfung zählt, dass sie nicht nur sich, sondern auch ihre Mitmenschen schützen.“

Thomas Preis, der Chef des Apothekerverbands Nordhein, weist auf die praktischen Probleme einer Kostenpflicht hin: „Es wird sehr schwierig sein, in den Teststellen zu entscheiden, wer anspruchsberechtigt ist und wer nicht. Die notwendige Dokumentation und Inkassotätigkeit wird zu einer weiteren Bürokratisierung führen.“ Das könne zu einer weiteren Ausdünnung der Teststellen führen. „Vor dem Hintergrund der nicht absehbaren  Entwicklung der Pandemie sollte man den Fortbestand des flächendeckende System der Teststellen nicht ohne Not aufs Spiel setzen“, mahnte Preis und versprach: „Apotheken halten zum großen Teil ihr Angebot weiter aufrecht.“

Zugleich können  sich Patienten künftig den Impfstoff aussuchen: Denn die Praxen müssen jetzt schon zwei Wochen im voraus ihre Impfstoffe bestellen. „Die Ärzte könnten für die Woche ab dem 2. August den Impfstoff von Biontech, Astrazeneca und Johnson & Johnson bestellen. Aller Voraussicht können auch alle Bestellungen voll bedient werden. Auch wenn noch nicht offiziell bekannt gegeben, bedeutet das Wahlfreiheit für die Bürger bei den Impfstoffen in Absprache mit dem Arzt. Das wird der Impfkampagne weiteren Schub verleihen“, ist Preis überzeugt. Zudem können nun Arztpraxen und Apotheken laut Bundesgesundheitsministerium nicht benötigte Impfstoffe an andere Praxen, Betriebsärzte oder Impfzentren weitergeben. „So kann vermieden werden, dass Impfstoffe verfallen.“

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