Mindestens zwei Tote in Lhasa Polizei schießt auf protestierende Tibeter

Peking (RPO). Die Situation in Lhasa eskaliert: Bei Protesten buddhistischer Mönche in der tibetischen Hauptstadt Lhasa sind nach Berichten von US-Bürgern am Freitag Schüsse gefallen. Aufgebrachte Tibeter lieferten sich Straßenschlachten mit Polizei und Soldaten, diese schossen mit scharfer Munition zurück. Mehrere Menschen kamen dabei ums Leben.

Tote bei Ausschreitungen in Lhasa
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Tote bei Ausschreitungen in Lhasa

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Fünf Monate vor den Olympischen Spielen in Peking kam es zu den schwersten Protesten gegen die chinesische Herrschaft in Tibet seit fast 20 Jahren. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama, bezeichnete die Zusammenstöße als Zeichen einer "tief verwurzelten Abneigung gegen das tibetische Volk" durch China.

Er sei über die Situation zutiefst besorgt, "die sich in Tibet aus friedlichen Demonstrationen entwickelt hat", sagte er in seinem indischen Exil in Dharmsala. Der Dalai Lama rief die chinesische Führung auf, die Gewaltanwendung gegen das tibetische Volk zu beenden. "Ich appelliere auch an meine tibetischen Landsleute, nicht zur Gewalt zu greifen", fügte er hinzu.

Demonstranten hatten zuvor in Geschäfte und Polizeiautos in Brand gesetzt, wie die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua meldete. Die US-Botschaft in Peking erklärte, ihr lägen Aussagen von US-Bürgern in Lhasa vor, wonach Schüsse zu hören waren.

Ausgangssperre über Lhasa verhängt

Die Vereinten Nationen und die EU riefen China zur Zurückhaltung in Tibet auf. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke, forderte einen stärkeren öffentlichen Druck auf die chinesische Führung.

Ein Bewohner von Lhasa, der seinen Namen nicht genannt wissen wollte, erklärte, über Lhasa sei eine Ausgangssperre verhängt worden. Militärpolizisten hätten alle Straßen in die Innenstadt gesperrt, fast alle Geschäfte seien geschlossen. Eine Touristin, die ebenfalls nicht genannt werden wollte, sagte, Soldaten seien in der Innenstadt. Alle großen Klöster seien geschlossen, überall seien Polizisten. Ein Mitarbeiter eines Reisebüros in Lhasa sagte, Ausländern seien Reisen nach Tibet inzwischen verboten.

Buddhistische Mönche traten in den Hungerstreik, meldete RFA. Dem Sender zufolge befanden sich zwei Mönche des Klosters Drepung bei Lhasa nach einem Selbstmordversuch in kritischem Zustand. "Es gibt viele Mönche, die sich aus Verzweiflung Gewalt antun", zitierte der Sender einen Gewährsmann. Eine Augenzeugin berichtete RFA von hunderten Demonstranten, darunter Mönche und Zivilpersonen.

Nepal soll Touren auf den Mount Everest verbieten

Peking ersuchte unterdessen die nepalesische Regierung, Klettertouren auf den Mount Everest bis zum 10. Mai zu verbieten. Von der chinesischen Seite sind Besteigungen des höchsten Berges der Erde bereits bis dahin verboten - offiziell aus Umweltschutzgründen. Als wahrer Grund wird aber die Absicht Pekings vermutet, die Fackel mit dem olympischen Feuer auch auf den Mount Everest tragen zu lassen - und tibetische Proteste bei diesem Ereignis von vornherein zu verhindern. In Nepal leben viele Exiltibeter.

Verlässliche Angaben sind nur schwer aus Tibet zu bekommen. RFE und die Internationale Kampagne für Tibet (ICT) haben ein Kontakte-Netzwerk aufgebaut, Journalisten bekommen aber nur selten eine Reiseerlaubnis in die Region, die China als historischen Teil seines Gebiets betrachtet. Tibeter sagen dagegen, ihre Himalaya-Region sei jahrhundertelang praktisch unabhängig gewesen. China versuche, die tibetische Kultur durch die Ansiedlung von Han-Chinesen zu zerstören.

In Neu-Delhi und Kathmandu kam es am Freitag bei protibetischen Demonstrationen zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Dabei wurden mehrere Dutzend Menschen verletzt.

(afp)
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