Kunst gegen das Vergessen Wülfrather gedenken der Holocaust-Opfer

Wülfrath · Die Kunst-Installation der Eheleute Klingler in der Stadtkirche begleitet die Reihe „Friede und Völkerverständigung“.

 Elke Voss-Klingler und Ehemann Claus Klingler inmitten ihrer Installation mit dem Titel „Eiszeit“, die in der evangelischen Stadtkirche auch zum Vortrag Ulrike Schraders zu sehen ist.

Elke Voss-Klingler und Ehemann Claus Klingler inmitten ihrer Installation mit dem Titel „Eiszeit“, die in der evangelischen Stadtkirche auch zum Vortrag Ulrike Schraders zu sehen ist.

Foto: Blazy, Achim (abz)/, Achim Blazy

Wer die evangelische Stadtkirche betritt, wie jetzt etwa zum Klavierkonzert von Aeham Ahmad, steht unmittelbar einer Installation gegenüber, die den Altarraum vollständig einnimmt. Ein Ölgemälde zeigt Quader, die in Blautönen gehalten sind. Am Himmel türmen sich Wolken. Zwar ist die Sonne da, aber sie kann nicht durchdringen. Dennoch fällt ihr kaltes Licht in den langen Gang zwischen den Quadern.

Vor diesem Bild ist die Skulptur „Die Wanderer“ aufgebaut. Menschen, ein wenig unförmig, scheinen aus diesem Gang zwischen den Quadern herauszutreten und dann innezuhalten, fragend, verloren. Die Installation des Künstlerpaares Claus Klingler und Elke Voss-Klingler trägt den Titel „Eiszeit“. „Angefangen hat es 2012“, erzählt Claus Klingler. Damals war das Paar an der Ostsee und fand dort Steine aus der Eiszeit, die wie Köpfe aussahen. „Sie haben Gesichter“, sagt Elke Voss Klingler. Sie begann, den Gesichtern Körper aus Pappmaché zu geben und Füße, die an Stolpersteine erinnern. „Es sind Wanderer durch die Zeit“, sagt sie. Mehr als ein Jahr erarbeitete sie die insgesamt 72 Figuren unterschiedlicher Größe.

Claus Klingler dagegen besuchte die Holocaust Gedenkstätte in Berlin. „Für mich waren die Quader Baracken“, erzählt er. Inspiriert von seinen Eindrücken, begann er mit dem Bild „Die Gasse“. Als nun seine Frau erste Figuren im gemeinsamen Atelier aufstellte, passierte etwas Außergewöhnliches. „Die Figuren begannen mit dem Bild zu korrespondieren“, erklärt der Künstler. Die Idee zum gemeinsamen Kunstprojekt war geboren. Auch zum Vortrag der Literaturwissenschaftlerin Ulrike Schrader am 11. Februar wird die Installation zu erleben sein.

Eröffnet wurde die Ausstellung anlässlich der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz vor 75 Jahren auch mit den bewegenden Zitaten zweier Soldaten, die damals bei der Befreiung mit vor Ort waren. „Sie wogen vielleicht 40 Kilo, waren zu schwach um zu stehen oder auch nur zu sprechen. Wir sagten ihnen, sie seien frei und könnten gehen, wohin sie wollten. Doch wohin hätten die armen Teufel gehen sollen? Wohin?“ Dieser Satz scheint auch auf die Figuren der Installation zu passen. Pfarrer Thomas Rehrmann nahm den Lukas-Vers „Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien“, bei der Vernissage auf, um deutlich zu machen, dass Schweigen keine Antwort auf das sein kann, was damals passierte. 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz hätten viele gerne, dass geschwiegen wird. „Lassen wir nicht den Steinen das letzte Wort“, rief er die Besucher auf. „Lassen wir uns stören von den Figuren.“

Es sei wichtig, nicht denen das letzte Wort zu lassen, die alles für einen Fliegenschiss halten. Die Figuren haben Gesichter aus Stein, ihre Schreie sollen erinnern. „Lassen Sie uns immer wieder ihre Schreie hören, damit wir das Geschehen niemals vergessen.“

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