Buch zur Heimatgeschichte Als Neersen ein Kanton von Crefeld war

Neersen · Wolfgang Boochs hat ein neues Buch zur Heimatgeschichte geschrieben: „Neersen in der Franzosenzeit“. Es behandelt die Zeitspanne zwischen 1792 und 1815 und zeigt den grundlegenden Wandel in einer republikanischen Verwaltung.

 Im Schlosskeller stellte Wolfgang Boochs sein neues Buch „Neersen in der Franzosenzeit“ vor. Gleichzeitig feierte er zusammen mit seiner Frau Radmila und den Zwillingen Magdalena und Paula-Marie seinen 75. Geburtstag.

Im Schlosskeller stellte Wolfgang Boochs sein neues Buch „Neersen in der Franzosenzeit“ vor. Gleichzeitig feierte er zusammen mit seiner Frau Radmila und den Zwillingen Magdalena und Paula-Marie seinen 75. Geburtstag.

Foto: Wolfgang Kaiser (woka)

Zur Buchpräsentation im Schlosskeller kam auch der stellvertretende Bürgermeister Dietmar Winkels – und der entpuppte sich als wahrer Fan der heimatgeschichtlichen Bücher von Wolfgang Boochs. Winkels ist gebürtiger Sauerländer, und im Buch über Neersen fand er vieles, das er noch nie gehört hatte, so dass er nicht mehr aufhören konnte, als er zu Hause mit dem Lesen angefangen hatte. Winkels dazu: „Ich lasse auch diese Nacht wieder das Licht an.“

Mit dem neuen Bändchen „Neersen in der Franzosenzeit“ hat sich Wolfgang Boochs quasi selber ein Geburtstagsgeschenk gemacht. Mit der Buchpräsentation feierte er zugleich auch seinen 75. Geburtstag. Dabei kündigte er bereits den nächsten Band an, der Neersen in der Zeit des Ersten und Zweiten Weltkrieges behandeln soll.

„Neersen in der Franzosenzeit“ behandelt die Epoche zwischen 1792 und 1815. Beim Wiener Kongress wurde das Rheinland dann den Preußen zugesprochen. Boochs beginnt mit der französischen Revolution 1789, bei der der Adel seine Macht und Privilegien verliert, das Königspaar hingerichtet wird. Für die Herrscherhäuser Europas ist der Geist der Französischen Revolution eine Bedrohung. Sie erklären den Revolutionstruppen den Krieg. Deutsche und österreichische Truppen drangen 1793 bis zum Elsass vor, wurden dann aber in der zweiten Schlacht von Aldenhoven bei Aachen vernichtend geschlagen. Die Franzosen setzten sich danach am Niederrhein fest.

Boochs bringt neben dem großen Exkurs immer wieder den Bezug auf Neersen. Wir erfahren, dass Neersen zu Zeiten der Französischen Revolution nur 696 Einwohner hatte. Im Oktober 1794 drangen französische Truppen unter dem Kommando von General Lefevre auch in Neersen ein. Zum Erstaunen der Bevölkerung verhielten sich die Soldaten disziplinierter im Gegensatz zu den österreichischen und englischen Truppen, die vorher ihren Schrecken verbreiteten. Die Franzosen wollten ihre Armee aus dem Land selbst unterhalten. Statt zu plündern musste die Landbevölkerung Naturalien an die Besatzer abliefern.

Boochs, der die Organisation von Staat und Armee bis ins Detail genau beschreibt, ist Rechtsanwalt. Als Experte für Steuerrechte hat er eine Vielzahl von Fachaufsätzen und Büchern verfasst. Und so verstehen wir auch sein besonderes Interesse an den rechtlichen Veränderungen, die die Franzosen am Rhein vornahmen. 1797 kündigte Regierungskommissar Francois-Joseph Rudler, ein Elsässer, die Einführung französischer Rechtsvorschriften und die Einrichtung einer Zivilverwaltung nach französischem Muster an. 1798 entstanden vier Departements mit den Bezeichnungen Roer (Rur), Rhein-Mosel, Donnersberg und Saar. Neersen gehörte im Departement Roer als einer von elf Kantonen zum Arrondisement Crefeld. Damit begann die Integration des Rheinlandes in die französische Republik. Die Neuorganisation des Landes bei Behörden, Steuerwesen und Justiz bedeutete aber auch die Aufhebung des Adels und Enteignung der Klöster. Am wichtigsten war wohl die Schaffung eines neues Rechtssystems. Vor dem Gesetz waren jetzt alle gleich.

Auch im Alltag gab es große Veränderungen. So wurde die Zeitrechnung der Revolution eingeführt. Öffentliche Kreuze wurden durch Sterne ersetzt. Madonnen- und Heiligenbilder sowie Prozessionen im öffentlichen Raum waren verboten. In Kempen gab es deswegen sogar Unruhen.

Als der Neusser Karl Joseph Lenders als Amtsmann auf Schloss Neersen einzog, gehörte Neersen zur Pfarre Anrath. Lenders setzte alles daran, eine eigene Pfarrei zu erhalten. Bisher gab es nur ein Minoritenkloster mit Kapelle. Mit der Absicht, als Pfarrpatron den Hl. Napoleon, einen Märtyrer aus Alexandria, zu wählen, gelang das Vorhaben. Boochs Buch ist voll solcher Anekdoten. Mit der Vielvölkerschlacht 1813 bei Leipzig endete Napoleons Herrschaft über Europa.

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