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Interview mit Wilhelm Bommann vom Einzelhandelsverband „Alle sitzen in einem Boot“

NIEDERRHEIN · Die Corona-Krise trifft den lokalen Einzelhandel hart. Für viele Geschäfte ist die Lage existenzbedrohend.

 Wilhelm Bommann, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Niederrhein

Wilhelm Bommann, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Niederrhein

Foto: Einzelhandelsverband Niederrhein/Archiv

Die Corona-Krise trifft den Einzelhandel hart. Wilhelm Bommann, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands Niederrhein im Gespräch mit der Rheinischen Post.

Herr Bommann, das öffentliche Leben ist zum Erliegen gekommen. Die meisten Geschäfte mussten auf unbestimmte Zeit schließen. Wie schwer treffen die Auswirkungen der Krise den niederrheinischen Einzelhandel?

Wilhelm Bommann Es trifft den Handel sehr schwer, für viele ist diese Lage existenzbedrohend. Und betroffen sind alle, nicht nur die klein- und mittelständischen Betriebe, sondern auch Großbetriebe und die filialgeführten Geschäfte. Wenn große Handelsketten wie Deichmann und H&M am Wochenende Konsequenzen wie Mietstundungen ankündigen, dann heißt das schon was. Das zeigt das Ausmaß, ob groß ob klein – alle sitzen jetzt in einem Boot.

Es ist aktuell noch nicht absehbar, wie lange dieser Ausnahmezustand dauern wird. Wie lange halten die Händler diese Situation aus?

Bommann Das kann man nicht pauschal beantworten, das hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Zum Beispiel wie es um die Liquidität eines Betriebes bestellt ist – wieviel Mittel stehen für feste, laufende Kosten wie Miete und Lohnkosten zur Verfügung? Wie hoch ist die Eigenkapitaldecke? Und dann kommen noch äußere Faktoren hinzu: Wie reagieren Vermieter auf Mietanpassungen? Wie helfen die Kommunen, gibt es Steuerstundungen oder eine Aussetzung der Sondernutzungsgebühren?

Welche Branchen sind von der Corona-Krise besonders stark betroffen. Und gibt es Branchen, die vielleicht sogar von der Krise profitieren?

Bommann Aktuell sind die besser gestellt, also die noch offen haben dürfen, sprich die Lebensmittelbranche oder Baumärkte. Aber auch diese Betriebe müssen Hygieneanweisungen befolgen.  Dies führt zu Mehrkosten. Es bleibt abzuwarten, wie sich das ganze entwickelt. Salopp gesagt kommt hinzu: Bei so viel Toilettenpapier und Mehl, was derzeit gehortet wird, wird der Umsatz auch irgendwann zurück gehen, weil der Bedarf gedeckt ist. Überraschend war für mich das Ergebnis einer Umfrage des Kölner Handelsinstituts IFH. Da wurde gefragt, ob die Konsumenten nun vermehrt online einkaufen. Das ist nur eingeschränkt der Fall, zumindest nicht bei solchen Anschaffungen, die sie normalerweise im Geschäft erledigen würden. Nur 13 Prozent der Befragten haben demnach den Einkauf über das Internet statt über den gewohnten stationären Handel getätigt. Da muss man auch ein Kompliment an die örtliche Politik machen. Nahezu alle Bürgermeister appellieren auf diversen Kanälen an die Bürger, den örtlichen Handel zu unterstützen und dort zu kaufen bzw. zu bestellen. Viele Unternehmen bieten ja nun Lieferservice an. Und sicherlich gibt es auch den ein oder anderen Konsument, der mit einer Anschaffung vielleicht noch wartet, bis die Geschäfte wieder öffnen können, wenn es nicht ganz dringlich ist.

Wie gehen Mitarbeiter, die um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen, mit der Situation um?

Bommann An dieser Stelle möchte ich ein ganz dickes Lob und großen Dank an alle Mitarbeiter im Handel schicken. Zum einen an die, die noch im Einsatz sind aber auch an die, die sich gerade in Kurzarbeit befinden. Die noch im Einsatz sind, arbeiten derzeit an der Oberkante der Belastbarkeit. Da wünsche mir von den Kunden ein Lächeln für die Verkäufer und Verkäuferinnen, zum Beispiel die an der Kasse, denn das sind die, die die Karre am Laufen halten. Man darf aber auch nicht die Mitarbeiter vergessen, die zwangsweise nach Hause geschickt wurden und nun finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. Letztlich muss man abwarten, wie lange dieser Ausnahmezustand anhält. Je länger das dauert, desto größer sind die Auswirkungen sowohl für die Betriebe als auch für die Mitarbeiter.

Hat die Politik mit dem verabschiedeten Rettungspaket alle erforderlichen Maßnahmen eingeleitet, um dem lokalen Einzelhandel zu helfen?

Bommann Ein Paket wurde am Freitag vor einer Woche losgeschickt, nämlich die NRW-Soforthilfe 2020. Mit einem relativ einfachen Formular können Solo-Selbständige, kleine Unternehmen und Freiberufler ab sofort Anträge auf die Soforthilfe stellen. Die Beantragung und Auszahlung der Mittel erfolgt über die Bezirksregierung; es wurde angekündigt, dass dies schnell und unbürokratisch geschehen soll. Teilweise wurden bereits einen Tag später die Bescheide rausgeschickt und wahrscheinlich sollen in dieser Woche noch die Auszahlung erfolgen. Diese schnelle Maßnahme halte ich für gut und an die richtigen Zielgruppen gerichtet.

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