Wermelskirchen Rückkehr zu G9 gefährdet Mensabetrieb

Wermelskirchen · Die Abkehr vom Turbo-Abi wird begrüßt. Unklar ist, was ein Ende des Nachmittagsunterrichts für die Übermittagversorgung bedeutet.

 Mara Steffens und Friede Stolle essen regelmäßig in der Mensa vom Gymnasium. V.l. Mara Steffens (12), und Frieda Stolle (12)

Mara Steffens und Friede Stolle essen regelmäßig in der Mensa vom Gymnasium. V.l. Mara Steffens (12), und Frieda Stolle (12)

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Caterer Uwe Nickut (52) liegen alle 90 Einrichtungen, die er mit seinem Team bekocht, gleichermaßen am Herzen. „Trotzdem kann ich sagen, dass ich als gebürtiger und ansässiger Wermelskirchener auf die Wermelskirchener Schulen und Einrichtungen ein besonderes Augenmerk habe“, sagt der gelernte Metzgermeister, der von Burscheid aus sein mittelständisches Unternehmen führt. Mit Blick auf die weiterführenden Schulen zahle sich die Mühe vor allem an der Sekundarschule langfristig aus. Der Betrieb der Kantine am Gymnasium bereite ihm derzeit hingegen Kopfzerbrechen: „Das liegt nicht an der aktuellen Anzahl von warmen Essen, die dort täglich geordert werden, sondern an der Rückkehr zu G9 ab dem kommenden Schuljahr.“

Persönlich unterstütze er es ja, „dass schon die nächste Generation von Gymnasiasten künftig wieder mehr Zeit und Ruhe für ihre schulische Ausbildung haben wird“. Als Unternehmer müsse er sich aber fragen, „was das für meinen Mensen-Betrieb bedeutet“. Schließlich habe er sich bei der öffentlichen Ausschreibung der Stadt vor wenigen Jahren in dem Glauben beworben, „dass ich am Gymnasium dauerhaft nicht nur Fünft- und Sechstklässler bewirten darf, für die ein verlässliches Betreuungsangebot bis zum Nachmittag erwünscht ist“. In sein unternehmerisches Kalkül sei auch „eine große Zahl an Mittelstufenschülern und ein gewisser Anteil an Oberstufenschülern eingeflossen, die es ebenfalls mit einer warmen Mahlzeit zu versorgen gilt und an deren Bedürfnisse ich mein Angebot angepasst habe“.

Wenn dieser Bedarf nun durch den möglichen Wegfall des Nachmittagsunterrichts an Gymnasien stetig sinken sollte, sei unklar, „ob der Betrieb einer Mensa an einem Gymnasium noch rentabel ist“. Schon jetzt werde die Rentabilität nur durch einen ergänzenden Bistro-Betrieb erreicht, der die Personalkosten in der Regel decke. „Würde das warme Mittagsangebot in Zukunft wegbrechen, stünde diese Rentabilität in Frage.“ Hinzu komme, „dass unser zentrales Anliegen das Angebot eines gesunden Mittagessens ist und nicht der Kioskverkauf, bei dem die Betreiber austauschbar sind“. Nun müsse man abwarten, „welche Entwicklung es an G9-Gymnasien für die Schüler in der Mittagsversorgung geben“ werde. „Wir würden uns auf jeden Fall wünschen, dass die Schüler weiter auf unser Angebot zurückgreifen können.“

Ihm sei jedoch bewusst, „dass dies nicht garantiert ist, wenn die Schüler ihre Versorgung und den Aufenthaltsort nach dem Unterrichtsende am Mittag frei wählen könnten“. Allerdings glaube er nicht, „dass das ganze System komplett zusammenbrechen wird“. Eher sei anzunehmen, „dass viele Gymnasiasten auch künftig nach der sechsten Stunde in der Schule verbleiben und das Mensa-Angebot wahrnehmen wollen“.

Eine These, die die Haupt- und Grundschullehrerin Nadja Steffens (46) untermauern kann: „Ich glaube nicht, dass die vielen in Teilzeit arbeitenden Mütter, die es mittlerweile gibt, wieder vermehrt für ihre Kinder mittags kochen werden, wenn das Übermittagsangebot wegen G9 zurückgefahren würde.“ Die alten Zeiten seien einfach vorbei. Auch sie lasse als berufstätige Mutter ihre Tochter Mara, die in der Jahrgangsstufe 7 des Gymnasiums sei, am liebsten in der Mensa essen – „auch dann, wenn Mara keinen Nachmittagsunterricht hat“. Denn so sei ihre zwölfjährige Tochter bis 14 Uhr gut versorgt, „was natürlich auch praktisch ist“. Vor diesem Hintergrund ist Steffens, die an der Hauptschule in Wermelskirchen unterrichtet, überzeugt, „dass bestimmt viele Eltern dagegen angehen würden, wenn eine Abschaffung des Übermittagsangebots zur Debatte stünde“.

Ob das überhaupt so kommen wird, bleibt abzuwarten. Stefan Görnert, Erster Beigeordneter und Dezernent von Wermelskirchen, gibt an, dass aus Sicht der Stadt ein weiter existierender Bedarf es rechtfertigen würde, an dem aktuellen Konzept festzuhalten. Er könne sich vorstellen, dass sich selbst im Falle eines vollständig gestrichenen Nachmittagsunterrichts weiter etliche Schüler in der Mensa versorgen wollen. Erhebungen dazu gebe es aber nicht.

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