Viersen Zwischen Religion und Politik

Viersen · Unter dem Motto "Madonna – die Mutter mit dem Kind – und Frau" stellt der georgischeBildhauer Neweli Dzjikia im Hinsbecker Marienheim aus. Die Ausstellung ist noch bis Sonntag zu sehen.

Hinsbeck Neweli Dzjikia ist Künstler. Und er ist Georgier mit Leib und Seele. Das kann und will er nicht verleugnen. Und so nutzt er seine Ausstellungen, um die Menschen in Deutschland auf die Situation seines Landes aufmerksam zu machen. So auch aktuell in Hinsbeck.

Zum 125-jährigen Bestehens des Marienheimes – das Krankenhaus an der Landstraße wurde 1884 gebaut – beschäftigte sich der Künstler mit dem Thema "Madonna, Mutter und Kind" – und der Frau im allgemeinen. Seine kleine Bronzefiguren stehen in einem spannungsvollen Kontrast zu der überlebensgroßen 125 Jahre alten, bunten Marienfigur im Foyer.

Meisterschüler in Leningrad

Neweli Dzjikia wurde 1942 im georgischen Lagodechi geboren. Er studierte von 1964 bis 1970 an der Kunstakademie Thilissi und war von 1970 bis 1974 Meisterschüler an der Kunstakademie Leningrad, dem heutigen St. Petersburg. Seit 1991 ist er Vorsitzender der Vereinigung Georgischer Künstler.

Der 66-jährige Künstler bevorzugt kubistische Elemente in seinen Arbeiten. Inhaltlich beschäftigt er sich mit der Geschichte seines Volkes, das schon vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion innerlich zerrissen war und seinen Halt abseits der Politik in der Religiosität sucht.

Dem Bildhauer ist es wichtig, den Deutschen sein 5000 Kilometer entferntes Heimatland näher zu bringen. "Darf ich die Fahne unseres Landes zeigen?" fragte Neweli Dzjikia leise und zurückhaltend den Leiter des Marienheimes bei der Eröffnung seiner Skulpturenausstellung. Der nickte zustimmend und bemerkte: "Es ist die offizielle Flagge eines souveränen Staates." Ordensschwester Giselinde fand: "Die weiße Fahne mit den fünf roten Kreuzen ist doch sehr schön. Die sollte man nicht verstecken." Bis dahin hatte Neweli Dzjikia die Flagge in seiner Aktentasche zusammengerollt. Aus er sie ausrollte, strahlte der meist schweigsame und zurückhaltende Künstler. "Unser Land Georgien ist sehr schön, aber hier in Deutschland viel zu wenig bekannt."

Kein Unbekannter hingegen ist Neweli Dzjikia in Hinsbeck. Einige seiner Werke sind feste Bestandteile des Ortes: Die gut zwei Meter hohe "Zeituhr" des Künstlers steht seit 1992 vor dem Haupteingang des Marienheimes. Die Skulptur "Drei Ritter – ein Herz" befindet sich im kleinen Hinsbecker Park an der Kreuzung Haupt-/Neustraße.

Neweli Dzjikia ist den Hinsbeckern dankbar, dass er und sein Freund Joni Gogaberschiwilli 1992 beim ersten internationalen Hinsbecker Bildhauer-Symposion dabei sein konnten. "Wir haben viele neue Freunde gefunden. Der mehrwöchige Gedankenaustausch und die gemeinsame Arbeit mit Jo Gijsen (Eindhoven), Axel Friederich (Münster), Till Hausmann (Schwelm), Uwe Kampf (Wuppertal) und Stefan Przibilla (Bonn) schenkten uns neue Impulse, wichtige Gedanken."

(RP)
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