Missbrauchsprozess gegen Männer aus Krefeld und Viersen Angeklagter sah Nichte als Liebespartner

Viersen/Mönchengladbach · Der angeklagte Viersener sehe seine Nichte als Liebespartner, mit dem er „Sexualität auf Augenhöhe“ praktiziere, erklärte am Dienstag ein Sachverständiger vor Gericht. Der Fall gehört zum Missbrauchskomplex Bergisch-Gladbach.

Der Prozess wird am 1. September fortgesetzt.

Der Prozess wird am 1. September fortgesetzt.

Foto: dpa/Marius Becker

Es ist einer der wenigen Momente, in denen der Viersener Angeklagte hoch- und eine Person, die über ihn spricht, direkt anschaut. In der bisherigen Hauptverhandlung schaute er zumeist zu Boden, schüttelte häufig den Kopf, wenn es um ihm vorgeworfene Taten ging. Der 39-Jährige soll über mehrere Jahre seine heute elfjährige Nichte sexuell missbraucht haben. Am Dienstag wurde ein psychiatrischer Gutachter gehört.

Für den Viersener Angeklagten sei seine „Datenlage nicht sehr groß“, zudem habe er keine eigenen Befundtatsachen zugrunde legen könnte, da sich der Mann nicht von ihm habe explorieren lassen, berichte der Gutachter. Anders verhalte es sich bei dem Krefelder Angeklagten, der seine Tochter missbraucht haben soll. Dieser habe bei der Polizei und vor Gericht umfänglich ausgesagt, auch ihm gegenüber offen gesprochen. Der Viersener hingegen hatte vor Gericht nur knapp ein Drittel der ihm zu Last gelegten schweren Missbrauchstaten eingeräumt, ein Drittel geleugnet und zu einem weiteren Drittel keine Angaben gemacht.

Die Angeklagten sollen die beiden Mädchen auch gemeinsam missbraucht haben. Beiden Männern attestierte der Sachverständige eine pädosexuelle Neigung. Es gebe keine Hinweise auf eine verminderte Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit. Bei dem Viersener Angeklagten gebe es, belegt durch die in die Hauptverhandlung eingeführten Chatverläufe, eine Wahrnehmungsverzerrung: Er sehe seine Nichte als Liebespartner, mit dem er „Sexualität auf Augenhöhe“ und als gleichberechtigte Partner praktiziere. Dabei sei der Umgang mit den Kindern nur an den eigenen Bedürfnissen des Angeklagten orientiert gewesen. Die Taten seien nach einem ähnlichen Muster mit fast stereotypen Handlungen abgelaufen. Der Missbrauch habe in einem sehr abgeschotteten Raum und in einer familiären Atmosphäre stattgefunden. Es habe ein „abgeschottetes Viereck“ der zwei Männer und der beiden Mädchen gegeben. Dem Viersener Angeklagten bescheinigte der Sachverständige „manipulative Fähigkeiten“. Für ihn sei eine prognostische Einschätzung nicht möglich, auch wenn er eine gewisse Rückfallmöglichkeit als gegeben ansehe. Der Prozess wird am 1. September fortgesetzt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort