Jugendarbeit in Viersen und Kempen Kinderschutzbund sucht Telefonberater

Die Ortsgruppen Viersen und Kempen möchten Erwachsene ausbilden, die das Team der „Nummer gegen Kummer“ verstärken sollen. Die Ehrenamtler sprechen am Telefon mit Kindern und Jugendlichen über deren Ängste und Sorgen.

 Birgitta Föhr von der Ortsgruppe Viersen und Elke Keppner von der Ortsgruppe Kempen des Kinderschutzbundes (v.l.) hoffen, dass im September rund 20 Ehrenamtler die Ausbildung zum Telefonberater beginnen.

Birgitta Föhr von der Ortsgruppe Viersen und Elke Keppner von der Ortsgruppe Kempen des Kinderschutzbundes (v.l.) hoffen, dass im September rund 20 Ehrenamtler die Ausbildung zum Telefonberater beginnen.

Foto: Nadine Fischer

Ob ein Telefonberater der „Nummer gegen Kummer“ selbst Kinder hat, ob er alt oder jung ist und welchen Beruf er hat, ist völlig unwichtig. Wichtig ist, dass er die Kinder und Jugendlichen, die sich mit ihren Sorgen an ihn wenden, ernst nimmt. Dass er ihnen zuhört, wenn sie einfach mal etwas loswerden möchten, wenn sie verzweifelt sind, nicht mehr weiter wissen.

Was immer den jungen Anrufer bewegt, wird besprochen: Todesfall in der Familie, ungewollte Schwangerschaft, Selbstmordgedanken, Liebeskummer, Mobbing oder der Verlust eines geliebten Haustiers. „Es geht nicht um eine perfekte Lösung, das soll Hilfe zur Selbsthilfe sein“, sagt Birgitta Föhr. Die 64-Jährige koordiniert für den Kinderschutzbund Viersen alles rund um das Kinder- und Jugendtelefon. Derzeit sucht sie Ehrenamtliche, die sich als Telefonberater ausbilden lassen möchten. Erstmals bieten die Ortsgruppen Viersen und Kempen des Kinderschutzbundes die Schulung gemeinsam an.

Das Kinder- und Jugendtelefon ist ein bundesweites Angebot des Vereins „Nummer gegen Kummer“ in Zusammenarbeit mit verschiedenen Mitgliedsorganisationen wie dem Kinderschutzbund. Wer mit seinem Handy oder Festnetztelefon die kostenlose Nummer 116111 wählt, erreicht montags bis samstags zwischen 14 und 20 Uhr einen Telefonberater irgendwo in Deutschland. „Das ist völlig anonym“, betont Elke Keppner vom Vorstand des Kempener Kinderschutzbundes. 85 Telefon-Standorte gibt es derzeit, dazu gehören Kempen und Viersen.

Die Ausbildung zum Telefonberater umfasst 60 Unterrichtsstunden. „Alle, die Interesse haben, Kinder zu beraten und zu unterstützen, sind willkommen“, sagt Föhr. Von September bis Februar treffen sich die Teilnehmer einmal wöchentlich von 18 bis 20 Uhr im Jugendzentrum „Ett“ in Dülken mit ihrem Ausbilder. Sie lernen zum Beispiel in Rollenspielen, wie sie mit den Anrufern umgehen, erfahren, welche Themen viele Kinder und Jugendliche bewegen. Auch zwei Hospitanz-Schichten in der Beratungsstelle gehören zur Schulung. Für die Teilnehmer ist sie gratis – die Kinderschutzbund-Gruppen Viersen und Kempen teilen sich die Kosten in Höhe von 6000 Euro. Das Ziel sei, gemeinsam rund 20 neue Telefonberater ausbilden zu können, sagt Föhr.

Alle zwei Jahre lässt der Kinderschutzbund neue Ehrenamtler schulen. Jeder Lehrgang kostet 6000 Euro, egal ob er fünf oder 15 Teilnehmer hat. 2017 hätten in Kempen sechs Ehrenamtler teilgenommen, sagt Keppner. Um Kosten zu sparen, sei beschlossen worden, sich nun mit Viersen zusammen zu tun. Das Kinder- und Jugendtelefon in Viersen ist montags bis freitags in zwei Schichten von 15 bis 20 Uhr besetzt, in Kempen jeweils von etwa 17 bis 20 Uhr.

Rund 3700 Mal hat im vergangenen Jahr in der Viersener Beratungsstelle das Telefon geklingelt, in Kempen waren es rund 1700 Mal. Während in Viersen 28 Telefonberater mit Kindern und Jugendlichen über deren Sorgen und Ängste sprechen, sind es in Kempen acht. Wer sich dafür entscheidet, Berater zu werden, verpflichtet sich, für zwei Jahre zweimal im Monat zweieinhalb Stunden Telefondienst zu übernehmen. Wie lang so ein Telefonat dauert, sei sehr unterschiedlich, sagt Föhr. Mal ist es ruhig, an anderen Tagen könne in einer Schicht durchaus auch 60 Mal das Telefon klingeln. Aufgabe des Beraters sei, den Anrufer mental zu unterstützen, ihn falls nötig an eine Fachstelle weiterzuleiten wie einen psychologischen Dienst oder eine Schwangerschaftsberatung.

Seit zehn Jahren koordiniert Föhr die „Nummer gegen Kummer“ für Viersen. Die Beweggründe der Anrufer – Mobbing, Liebeskummer, Todesfall – seien noch dieselben, erzählt sie. Aber: „Vor zehn Jahren gab es mehr Anrufe. Die Kinder und Jugendlichen regeln ihre Probleme heute teilweise anders, eher untereinander“, ergänzt sie. Soziale Netzwerke spielen dabei eine große Rolle. „Aber manche Dinge kann ich eben nicht mit meinen Freunden regeln“, sagt Föhr – und dann kann die „Nummer gegen Kummer“ immer noch eine große Hilfe sein.

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