Interview „Wir sprechen nicht von Tätern“

Manfred Budel ist im Vorstand des Vereins zur Förderung der Erinnerungskultur in Viersen. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie der Verein dazu steht, die Namen von Opfern und Tätern zu nennen.

 Budel ist Mitglied des Projekts „Virtuelle Gedenkstätte Viersen“.

Budel ist Mitglied des Projekts „Virtuelle Gedenkstätte Viersen“.

Foto: Budel

Warum nennt das Projekt „Virtuelle Gedenkstätte Viersen“ die Kostenpflichtiger Inhalt Namen der Opfer und Täter?

Budel Wir sprechen nicht von „Tätern“, sondern in neutraler Form von „Beteiligten“. Auf unserer Homepage weisen wir darauf hin, dass wir sehr wohl differenzieren zwischen „Tätern“ und „Mitläufern“. Wir maßen uns keine eigene Zuweisung an, sondern überlassen dies den hierzu berufenen Institutionen und der moralischen Bewertung des Betrachters. Es geht uns darum, das ganze Ausmaß der Naziverstrickung in Viersen darzustellen. Die Sichtbarmachung von ungeahnt vielen Opfern und Beteiligten, die oftmals in unmittelbarer Nachbarschaft lebten, wird mittels einer Stadtkarte erst erfahrbar.

Sollte angeordnet werden, die Daten zu entfernen – würde das Projekt der Anordnung folgen?

Budel Die Frage erscheint uns hypothetisch. Die Rechtsabteilung des Kreises hat die „Virtuelle Gedenkstätte“ freigegeben. Die Datenschutz-Grundverordnung und das Bundesdatenschutzgesetz gelten nicht für Daten Verstorbener. Viele der von uns wiedergegebenen Informationen sind seit Jahren öffentlich zugänglich und in der Fachliteratur publiziert. Sollte uns ein Fehler unterlaufen sein, werden wir ihn umgehend korrigieren.

Wie sinnvoll wäre die Gedenkstätte ohne Namensnennungen?

Budel Dies wäre ein enormer Rückschritt. Knapp 75 Jahre nach Kriegsende geht es gerade darum, Opfer und Beteiligte aus der Anonymität zu holen und sie konkret zu benennen, sprich: ihnen ein Gesicht zu geben.

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