Solingen Schwester Philo trägt Ordenstracht statt Sari

Solingen · Die 52-jährige Ordensschwester aus Indien liebt ihre Arbeit in der St. Lukas Klinik. Alle zwei Jahre reist sie in die Heimat.

 Schwester Philo an ihrem Arbeitsplatz in der Geriatrie der St. Lukas Klinik. Fast 25 Jahre arbeitet die Inderin in dem Krankenhaus.

Schwester Philo an ihrem Arbeitsplatz in der Geriatrie der St. Lukas Klinik. Fast 25 Jahre arbeitet die Inderin in dem Krankenhaus.

Foto: Stephan Köhlen

Bei ihrer Arbeit in der Geriatrie der St. Lukas Klinik denkt Schwester Philo in letzter Zeit immer häufiger an ihre betagten Eltern, die im Südwesten Indiens leben. Bei ihrem letzten Besuch, von dem sie erst Anfang Dezember zurückkam, hat die 52-Jährige gemerkt, dass Vater und Mutter mehr und mehr auf Hilfe angewiesen sind. Wie die Patienten in der Abteilung für Altersmedizin in der Solinger Klinik. Hier arbeitet die indische Ordensschwester derzeit. In fast einem viertel Jahrhundert hat sie die verschiedensten Abteilungen des Krankenhauses am Rande der Ohligser Heide kennengelernt.

 Dem indischen Orden, aus dem Schwester Philo kommt, ist ein Kinderheim angegliedert. Die Mädchen begrüßen Besucher mit traditionellen Tänzen.

Dem indischen Orden, aus dem Schwester Philo kommt, ist ein Kinderheim angegliedert. Die Mädchen begrüßen Besucher mit traditionellen Tänzen.

Foto: Annemarie Kister-Preuss

Von den knapp 780 Schwestern, die dem Orden Missionary Sisters of Mary Immaculate angehören, leben und arbeiten 60 in Deutschland. Schwester Philo, die eigentlich Philomena heißt, konnte sich als junges Mädchen zunächst nicht vorstellen, einem Orden beizutreten. Ganz profane Dinge fürchtete sie zu verlieren, zum Beispiel die Möglichkeit, sich hübsche Kleider anzuziehen. Die farbenfrohen Saris, die in ihrer Heimat jede Frau trägt, der prächtige Schmuck. Nach einem besonders intensiven Gebet steht für die 14-jährige Philo fest, dass sie ihr Leben dem Orden widmen will. Sie schrieb an den Ordensgründer C. J. Varkey, der in Kulathuvvayal nicht nur die Evangelisierung der Menschen, sondern vor allem auch ihr persönliches Wohlergehen im Auge hatte. Nach diesem Treffen wusste ich, das ist, was ich gesucht habe", sagt die heute 52-Jährige, die wenig später dem Orden beitrat und ohne zu zögern zustimmte, sich zur Krankenpflegerin ausbilden zu lassen. Der Grundstein zum Einsatz im fernen Deutschland war gelegt.

 liefert 270 Gänse aus. Seite C 3

liefert 270 Gänse aus. Seite C 3

Foto: NN

Wer Schwester Philo in ihrem Heimatorden besucht, dem wird schnell klar, wie wichtig die Hilfe der Schwestern auch vor Ort im Bundesstaat Kerala im Süden Indiens auch heute immer noch ist. Bittere Armut, die Unterdrückung von Frauen, das waren auch die Motivationen für Ordensgründer Varkey, der zu den Schwestern sagte: Geht als Frauen zu den Frauen und helft ihnen bei alltäglichen Dingen. Die Frauen in den umliegenden Dörfern litten und leiden oft unter der häuslichen Gewalt ihrer alkoholabhängigen Männer, für die bis heute oft nur der männliche Nachwuchs in der Familie wirklich etwas wert ist.

Schon 1972 kamen die ersten Schwestern des indischen Ordens an die St. Lukas Klinik, zehn Jahre später gründeten die Missionary Sisters of Mary Immaculata einen eigenen Konvent neben der St. Lukas Klinik, in dem aktuell zehn indische Schwestern leben und in der Pflege und Seelsorge in der Klinik, im Lukas Pflegeheim und im St. Josef Krankenhaus in Haan arbeiten.

Der sechswöchige Heimaturlaub, den der Orden alle zwei Jahre gewährt, war für Schwester Philo einmal mehr ein ganz besonderes Erlebnis.

Zum einen natürlich das Wiedersehen mit ihrer Familie, zum anderen aber auch das Leben im Orden, der nach dem Tod des Gründers 2009 heute von Schwester Little Flower, einer homöopatischen Ärztin mit Schwerpunkt Tropenmedizin, geleitet wird.

60 Kinder aus armen Familien leben in der Ordensgemeinschaft, es gibt eine Schule und vier weitere Waisenhäuser im Land. Auch behinderte Kinder werden in der Gemeinschaft aufgenommen, Kindern, die im dörflichen Leben keine Chance hätten. Wie das Kleinkind, das eines Tages nach der Heiligen Messe in einem Körbchen vor der Kirchentür lag und von den Schwestern aufgenommen wurde. "Es gibt in Indien viel zu tun für uns Ordensschwestern", sagt Philo, "doch die Arbeit im Ausland ist wichtig, um Geld für den Orden zu verdienen." So fließt das Einkommen der Schwestern, die im Ausland im Einsatz sind, in die Arbeit mit den bedürftigen Menschen in Indien.

In der St. Lukas Klinik und dem Pflegeheim erleben die indischen Schwestern wie Philo, die seit fast 30 Jahren am Rande der Ohligser Heide lebt, viel Zuspruch und Anerkennung für ihre Arbeit. Die Patienten gehen ganz besonders respektvoll mit den Frauen in ihrer Ordenstracht um. Das, so sagt Philo bescheiden, ist nicht ihr Verdienst, sondern "ein Geschenk Gottes".

Um die Betreuung ihrer Eltern, die sie nun erst in zwei Jahren wiedersehen wird, muss sich Schwester Philo keine Sorgen machen. Sie sind im Verbund der Familie gut aufgehoben, denn die 52-Jährige hat neun Geschwister, die bis auf zwei Schwestern, die ebenfalls in einem Orden leben, eigene Familien haben. Und da ist es selbstverständlich, dass die alten Eltern in der häuslichen Gemeinschaft versorgt werden.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort