Solingen Die Gänsebräter
Solingen · Mehr als 270 Gänse haben Philipp und Felix Müller in diesem Jahr ausgeliefert. Heiligabend um 20 Uhr verlassen die letzten die Küche.
Es begann am Tresen. Philipp und Felix Müller philosophierten darüber, warum eigentlich zu Weihnachten Tannenbäume nicht frei Haus geliefert werden. Da die beiden Brüder keine Tannenschonung, sondern eine Gaststätte betreiben, war die Geschäftsidee schnell geboren: Wir liefern keine Bäume, wir liefern gebratene Gänse mit allem Drum und Dran. Das war Ende 1995, und in den ersten drei Jahren verdreifachte sich die Anzahl der Gänse, die fortan die Küche des Gasthauses Schaaf an der Ritterstraße verließen.
Das Geschäft lief gut an. Schon im ersten Jahr mit ein wenig Werbung und Mund-zu-Mund Propaganda brachten es die Müllers auf 150 Gänse, die sie fix und fertig mit Rotkohl, Klößen und Soße den Solingern ins Haus brachten. "In diesem Jahr werden es gut 270 Stück sein, die wir zwischen St. Martin und dem zweiten Weihnachtstag ausliefern", sagt Philipp Müller. Allein am heutigen Heiligabend werden es 50 Stück sein, die an 35 verschiedene Stationen ausgeliefert werden, gegen Aufpreis auch über die Stadtgrenzen hinaus. "Wenn Familie, Freunde und Bekannte nicht mithelfen würden, ginge das nicht", weiß Philipp Müller, der sich für heute eines fest vorgenommen hat: Um 20 Uhr verlässt die letzte gebratene Gans die Küche, schließlich geht es am ersten und zweiten Weihnachtstag weiter mit der Lieferung.
Vor zwei Jahren haben sich Philipp und Felix Müller einen neuen Gasherd zugelegt, in dem neun Gänse gleichzeitig brutzeln und bis zu zwölf Tiere erwärmt werden können. Denn kurz vor der Auslieferung bekommen die Gänse noch einmal 45 Minuten lang den letzten Schliff, werden mit Butter bepinselt, damit die knusprige Haut auch schön glänzt.
Müllers Gänse kommen aus Frankreich und sind frisch, wenn sie in den Ofen wandern, waren vorher nicht tiefgekühlt. Mit tiefgekühlten Gänsen aus Polen haben die Brüder keine guten Erfahrungen gemacht. "Die frischen französischen Gänse haben festes Fleisch, eine dickere Brust als die Frostbomber und weniger Fett", sagt Philipp Müller, "wenn eine Gans drei Kilo wiegt, hat sie nach dem Braten immer noch 2,5 Kilo." Dennoch, auch bei den französischen Gänsen tropft jede Menge Fett heraus, Schmalz, das an den Händler zurückgegeben wird. "Das wird konserviert für die nächste Grünkohlsaison", sagt Müller.
Gefüllt sind Müllers Gänse mit Äpfeln, gewürzt wird mit Salz, Pfeffer und Beifuß. Für den Transport kommen sie in eine Styropor-Box, bis zu einer halben Stunde bleibt das Federvieh darin heiß. Die Gänse, die Müllers heute ausliefern, wurden am vergangenen Dienstag geschlachtet. "Sie müssen, ähnlich wie Wild reifen", erklärt Philipp Müller.
Bei ihren Liefertouren zum Fest sehen die Brüder auch, wie Solingen Weihnachten feiert. In manchen Familien geht es entspannt und besinnlich zu, in anderen ist Hektik pur. Entspannen können sich die Familien jedenfalls, wenn es um den Gänseschmaus geht. Kein völlig verfetteter Backofen, keine Gefahr, dass der Rotkohl anbrennt, die Klöße misslingen oder die Sauce sich nicht binden lässt. Für 79,50 Euro wird der komplette Gänseschmaus geliefert. "Davon werden vier Personen satt", verspricht Philipp Müller, und der Backofen bleibt blitzsauber.