Kommentar Herausforderung Rassismus

Meinung · Man kann es nicht anders sagen: Angesichts der nicht unbegründeten Befürchtungen im Vorfeld, die Veranstaltungen zum 25. Jahrestag des Brandanschlages könnten politisch missbraucht werden, ist das gestrige Gedenken in einem ausgesprochen würdigen Rahmen verlaufen.

Allerdings erscheint es an der Zeit, sich einmal prinzipielle Gedanken über die Art der Erinnerung an die dunkelste Stunde in der Stadtgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg zu machen. Denn zum einen sind die Solinger bei großen Veranstaltungen wie gestern immer auch auf das Wohlwollen Anderer angewiesen - etwa wie der türkischen Regierung. Und zum zweiten gilt es zu überlegen, inwieweit die eingeübten Formen des Gedenkens eigentlich jene erreichen, die dringend erreicht werden sollten.

Am Rande der Veranstaltungen war allenthalben zu hören, die Solinger AfD habe sich durch ihre rassistischen Engleisungen und Beleidigungen im Vorfeld des Jahrestages selbst entlarvt. Das stimmt gewiss, nur hilft es nichts. Wer in den vergangenen Tagen die Diskussionen in den sozialen Netzwerken mitverfolgte, kommt nicht an der Tatsache vorbei, dass wir 25 Jahre nach dem Brandanschlag in Solingen immer noch ein Problem mit Rechtsradikalismus haben - und zwar nicht zu knapp.

So wichtig und identitätsstiftend es auch sein mag, öffentlich zu gedenken: Um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen, bedarf es vermehrter Anstrengungen auf fast allen Politikfeldern. Wie dies geschehen kann, muss in den kommenden Monaten dringend diskutiert werden. MARTIN OBERPRILLER

(or)
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