Serie Die Wupper (7) Die stille Pracht des Brückenparks

Solingen · Der Treffpunkt in Müngsten hat mehr zu bieten als Deutschlands höchste Eisenbahnbrücke. Die Besucher können sich dort von einem Naturschauspiel aus Wasser und Wald beeindrucken lassen und ein paar gesellige Stunden verbringen.

Zwei Meter über der Wupper steht man auf einem Steg aus Beton mit einem silbrigen Geländer. Hier wirkt der Brückenpark Müngsten am schönsten in seiner stillen Pracht. Dem Besucher öffnet sich von dieser kleinen Stelle aus einer der ungewöhnlichsten und an manchen Tagen sogar berauschenden Blicke auf das Bergische Land.

Unter einem fließt die klare Wupper. Ihr Wasserspiegel reicht einem in diesen warmen Sommertagen gerade mal bis zu den Knien. Der braune Schlamm des Bodens und die rundgeschliffenen Steine sind gut zu erkennen. Die Wupper taucht allmählich ein in ein Meer aus Blattgrün. Nach zwei-, dreihundert Metern legt sie sich weich nach rechts in die Kurve und nimmt Kurs auf Unterburg. Fast könnte man bei diesem Naturschauspiel vergessen, dass direkt über einem ein Meisterwerk der Ingenieurskunst in den Himmel ragt: die Müngstener Brücke. Von dem erhöhten Aussichtspunkt wirkt sie gar nicht mehr so protzig. Die Höhe von 107 Metern nimmt man ihr von hier aus nicht mehr ab.

Doch je länger man in diesem Park verweilt, desto nachdrücklicher nimmt sie ihrer überragende Stellung ein, ohne dabei die Landschaft zu verdrängen. Das ist das offensichtliche Geheimnis des Brückenparks: Natur und Zivilisation pflegen ein respektvolles, fast möchte man sagen, freundschaftliches Miteinander.

Normalerweise kollert alle 20 Minuten das Fahrgeräusch eines Zuges von der Höhe ins Tal. Dann blicken die Besucher nach oben und verfolgen die Regionalbahn, die sich wie ein roter Strich gemütlich von rechts nach links oder links nach rechts bewegt. Zurzeit aber reparieren Spezialisten das in die Jahre gekommene Gerüst. Die Brücke ist gesperrt. Die Arbeiten hinterlassen Spuren im Park. Damit den Besuchern nichts auf den Kopf fällt, wenn sie auf dem Weg zur Schwebefähre sind, schützt ein Tunnel aus Gerüstbauteilen die Passanten. Die Schwebefähre transportiert die Besucher auf die andere Seite der Wupper. Muskelkraft setzt dieses Gefährt in Bewegung. Kleine Jungs beweisen sich bei der Überfahrt immer gerne als starke Männer und freuen sich, wenn sie am Ende etwas zu trinken bekommen. Vielleicht im Haus Müngsten. Das Haus vereint ein Bistro, ein Café und Restaurant und unterhält direkt an der Wupper einen Imbiss im Biergarten.

Die Berliner Architekten haben die Wände mit rostbraunen Cortison-Stahl verkleidet, um eine Korrespondenz zum Material der Brücke herzustellen und damit jeden Anflug von spießigem Ausflugslokal vermieden. Vor allem aber haben sie das Haus mit großformatigen Fensterflächen gestaltetet, um möglichst viele Blickrichtungen in den Park, auf die Brücke und die Wupper zu garantieren. Wer drinnen seinen Kaffee oder Wein trinkt, verliert nie das Gefühl, an einem besonderen Ort zu sitzen. Die Terrasse mit Blick auf die Brücke gehört zu den größten in der Region.

Für Kinder bietet der Park Überraschungen: Minigolf, Besuch beim Schmied, am Wasser spielen oder Rätsel lösen wie dieses: "Sie sitzt dir im Nacken. Sie lässt dich schwitzen. Sie kann dich lähmen. Aber sie verleiht dir auch Flügel." Der Eisvogel der Wupper kann dieses Rätsel lösen.

(RP)
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