Ratingen Das Museum der Stadt ist neu zu entdecken

Ratingen · "Schärfe ist für mich nicht oberstes Gebot. Scharfe Fotos gibt es schon genug." Wenn der Künstler und Wahl-Lintorfer Werner Barfus solche Gedanken zu seiner Arbeit formuliert, darf der Zuhörer sicher sein: Sie kommen mit einem Augenzwinkern daher. Gleiches gilt, wenn er seine Motivwahl erklärt: "Ich gehe einfach vor die Tür." Ganz ernsthaft dagegen kann sich das Museum der Stadt über zwei Schenkungen von Werner Barfus freuen.

 Werner Barfus als Fotograf seines eigenen Werks "Grüngürtel" im Museum der Stadt. Er hat die Arbeit dem Museum geschenkt.

Werner Barfus als Fotograf seines eigenen Werks "Grüngürtel" im Museum der Stadt. Er hat die Arbeit dem Museum geschenkt.

Foto: achim Blazy

Hintergrund: Zur Neueröffnung feierte das Museum das zehnjährige Jubiläum des "Ratinger Kunstwegs" in einer großen Ausstellung mit neuen Werken von zehn Künstlern. Werner Barfus hatte eigens für die Ausstellung die Werke "Grüngürtel" (2012, Farbfotografien auf Diasec kaschiert) sowie "Schönes Wohnen" (2012, Gips auf Holzsockel) geschaffen. Der Künstler schenkt dem Museum Ratingen beide Werke. Sie werden zukünftig Bestandteil der Ratinger Sammlung sein.

Museumsleiterin Alexandra König sieht vor allem in der Fotoarbeit "Grüngürtel" eine "Hommage an Ratingen". Was insoweit korrekt ist, als dass die Pflanzenwelt tatsächlich in des Künstlers unmittelbarer Lintorfer Nachbarschaft gewachsen ist. Barfus gibt Königs Kompliment artig zurück: "Hier im neu gestalteten Museum kommen meine Werke besonders gut zur Geltung. In den alten Räumen mit ihrer Beleuchtung wäre mir die Entscheidung schwerer gefallen." Ganz nebenbei kommen König und Barfus auf das Thema "Übergänge" zu sprechen. Einmal im Großen: Die Fotoarbeit "Grüngürtel" kontrastiert mit der Arbeit "Schönes Wohnen", die eine Art Reißbrett-Wohnsiedlung zeigt — ähnlich gestaltet wie ein Architektenmodell, zugleich aber meilenweit davon entfernt. "Wer sich den Aufbau näher ansieht bemerkt: Diese Siedlung kann überhaupt nicht funktionieren." So lädt Barfus zum Betrachten ein. Und auch auf ein weiteres Detail macht er aufmerksam: "Sie werden feststellen, dass ,Grüngürtel' keine Panorama-Aufnahme ist, sondern aus mehreren Fotos besteht. Die Übergänge habe ich bewusst gelassen, wie sie sind." Besucher können die Schenkungen ab Sonntag, 2. Dezember, zugleich mit der neuen Sonderausstellung "Gestochen scharf. Von Dürer bis Kirkeby" sehen. Sie setzt die Ausstellungsreihe zur Geschichte der Grafik fort. Gezeigt werden rund 85 Meisterwerke druckgrafischer Kunst vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Die Werke stammen aus den Beständen des Morat-Instituts für Kunst und Kunstwissenschaft Freiburg im Breisgau.

Der Bogen der Ausstellung beginnt im 15. Jahrhundert mit Arbeiten von Martin Schongauer (um 1445/50-1492), der in seinen oft kleinformatigen, eleganten Blättern auch flüchtige Momente festhält und zum Vorbild vieler nachfolgender Künstler wird. Zu diesen gehört auch Albrecht Dürer (1471-1528), der mit allen sogenannten Meisterblättern in der Ausstellung vertreten ist. Neben "Ritter, Tod und Teufel", dem "Heiligen Hieronymus im Gehäuse" und der "Melancholia", der Apotheose des genialischen und denkenden Menschen, werden auch das erste Menschenpaar "Adam und Eva" und die "Kleine Kupferstichpassion" zu sehen sein.

Ein als eigenhändig anerkannter Stich von Andrea Mantegna (1431-1506) mit "Bacchus und Silen" und Blätter des französischen Barockmalers Claude Gellée genannt Lorrain (1600-1682) gehören zu den besonderen Kostbarkeiten der Ausstellung, in der auch die Radierer Rembrandt (1606-1669) und Francisco de Goya (1746-1828) nicht fehlen. Der Reigen der Tiefdrucke reicht über Arbeiten von James Ensor (1860-1949), dem Expressionisten Max Beckmann (1884-1950) und dem Wegbereiter des Informel in Deutschland, Wols (1913-1951), bis hin zu dem herausragenden Maler-Radierer Giorgio Morandi (1890-1964) und zu dem 1938 geborenen Per Kirkeby.

Die Geschichte der Grafik wird somit exemplarisch nachgezeichnet und in einem Kaleidoskop großartiger künstlerischer Werke sichtbar.

Die Ausstellung "Gestochen scharf. Meisterblätter von Dürer bis Kirkeby" ist von Sonntag, 2. Dezember bis zum 3. Februar kommenden Jahres zu sehen.

Der Eintritt beträgt drei Euro, ermäßigt 1,50 Euro. Zur Ausstellung erscheint ein 96-seitiger Katalog mit mehr als 40 Abbildungen zum Preis von 20 Euro.

(RP/ac)
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