Ratingen Gutachter warnt: Fracking ist zu riskant

Ratingen · Erst die CO-Pipeline, nun Fracking: Längst geistert das nächste monströse Schreckgespenst durch den Kreis Mettmann. Das Aufbohren und Sprengen ("Fracking") von Gesteinsformationen zur Erdgas-Gewinnung stößt bei vielen Bürgern auf große Skepsis. Und die war bei der Informationsveranstaltung des Ratinger Klimabeirates in Zusammenarbeit mit dem Kreis deutlich spürbar.

 Hans Georg Meiners (links) gehört zu den führenden Gutachtern in Sachen Fracking, rechts Kreisumweltdezernent Nils Hanheide.

Hans Georg Meiners (links) gehört zu den führenden Gutachtern in Sachen Fracking, rechts Kreisumweltdezernent Nils Hanheide.

Foto: Achim Blazy

Hans Georg Meiners, der zusammen mit weiteren 19 Wissenschaftlern im Auftrag der Landesregierung ein Gutachten erstellt hat, verstärkte in der Dumeklemmerhalle die Fakten, die bundesweit agierende Bürgerinitiativen bereits seit langer Zeit aufgreifen und beharrlich thematisieren: Da werden große Wassermengen und ein offenbar unbeherrschbarer Cocktail aus zum Teil hochtoxischen Chemikalien unter hohem Druck in den Boden gepumpt. Zusätzliche Sprengungen der Gesteinsformationen sorgen zudem für einen massiven Eingriff in die Natur.

Meiners und seine Kollegen sprechen in dem Gutachten unter anderem davon, dass man bei den eingesetzten Chemikalien zum Teil "von einem hohen Gefährdungspotenzial" ausgehen muss. Anders ausgedrückt: Die Risiken sind zurzeit nur in groben Umrissen bekannt. Massive Folgen für das Grundwasser und damit für die Gesundheit der Bürger wollen die Wissenschaftler jedenfalls nicht ausschließen. Sie halten Fracking zurzeit für nicht verantwortbar. Vor allem die Städte Ratingen, Heiligenhaus, Mettmann, Wülfrath, Erkrath und Teile von Haan wären betroffen — wenn Unternehmen wie Wintershall Fracking anwenden würden. Ein Beschluss der Landesregierung unterbindet dieses Verfahren bisher. In Niedersachsen wird die Methode allerdings längst massiv eingesetzt.

Die hiesige Region gehört zum "Geosystem Rheinisches Schiefergebirge" mit vermuteten Flöz- und Schiefergasvorkommen. Das Problem aus Sicht der Gutachter: Bisher gibt es keine Informationen darüber, wo die Lagerstätten genau liegen und wie groß die Vorkommen sind. Meiners betonte, dass die Erdgas-Industrie bisher keine einzige Gewinnungsstrategie vorweisen könne. Und es sei sehr schwierig, überhaupt an Datenmaterial zu kommen, so Meiners. Fachfirmen, die für die Erdgas-Industrie arbeiteten, würden in der Regel an ihre Auftraggeber verweisen.

Für 60 Prozent der NRW-Fläche gebe es bereits sogenannte Aufsuchungserlaubnisse, so auch für Wintershall, erklärte der Wissenschaftler. Firmen könnten zumindest Erkundungsbohrungen vornehmen. Beim Fracking sind deutlich höhere Hürden eingebaut. So muss die Untere Wasserbehörde zustimmen, wie Kreisumweltdezernent Nils Hanheide feststellte. Ob es zu Sprengungen unter Einsatz gefährlicher Chemie tatsächlich kommen wird, ist allerdings fraglich.

Meiners versicherte, dass man sich zurzeit in der Dialogphase befinde. Dies bedeutet: Das Gutachten wird breit diskutiert, Experten sollen im Austausch mit der Politik daraus das weitere Vorgehen ableiten. Joachim Dorner, Ratinger Bürger und SPD-Mitglied, forderte das strikte Verbot von Fracking, weil die Risiken nicht kalkulier- und beherrschbar seien. Dass die Sorgen der Bürger groß sind, zeigte sich auch an der Frage, ob Häuser durch Sprengungen im Gestein gefährdet seien. Meiners konnte darauf keine schlüssige Antwort geben. Ungeklärt blieb auch die Frage, welche Folgen Fracking auf Alt-Bergbau-Gebiete im Nordkreis hat.

(RP/ac)
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