Ansichtssache Wie die CDU den Schülern über den Mund fährt

Meinung | Radevormwald · Wer es ernst meint mit der Einbindung der Jugend in politische Prozesse, der sollte nicht Beschlüsse im Nachhinein kassieren. Die Namenswahl der Schüler war vielleicht unkonventionell, aber dennoch vernünftig.

Ansichtssache: Wie die CDU den Schülern über den Mund fährt
Foto: Hogekamp Lena

Diese Woche hat gezeigt, dass Sonntagsreden und die reale Kommunalpolitik verschiedene Dinge sind. Viele Politiker versichern, dass sie der Jugend Selbstbewusstsein und Verantwortungsgefühl vermitteln möchten. Die Rader CDU hat in dieser Hinsicht einen Bock geschossen. Eine Gruppe engagierter Schüler suchte sich - gemeinsam mit Lehrern und Eltern - einen Namen für die neue Sekundarschule aus. Dieser fand in den Klassen große Resonanz. Tolle Sache, sollte man meinen, die Schüler definieren selber ihr Leitbild, zeigen Begeisterung. Für viele war es die erste wichtige öffentliche Entscheidung, an der sie mitwirken durften. Leider hatten sie nicht mit der CDU-Fraktion gerechnet. Es geht nicht um die Frage, welcher der beiden Namen "besser" ist. Ob Malala Yousafzai, ob die Geschwister Scholl, beide Namen sind höchst ehrenwert. Nein, der Punkt ist, dass den Schülern suggeriert wurde, sie könnten etwas entscheiden, ohne dass die Erwachsenen ihnen über den Mund fahren.

Besonders ältere Christdemokraten scheinen das Gefühl zu haben, solche Beschlüsse dürften nicht in die Hände der Jugend gelegt werden. Manche haben offenbar befürchtet, die Schule würde am Ende nach Justin Bieber oder nach einem You-Tube-Star benannt werden. Doch die Schüler haben eine Wahl getroffen, die klug und erfrischend unkonventionell war. Das Argument der CDU, bei lebenden Personen wisse man nie, ob sie nicht nicht vom Pfad der Tugend abkommen, ist nicht überzeugend. Denn auch bei Verstorbenen ist man nie sicher: Was ist, wenn herauskommt, dass ein scheinbar honoriger Namensgeber einmal in der Waffen-SS war?

Seit Jahren bemühen sich die Mitglieder des Vereins "Wupperschiene" um eine Museumsbahn, die im Tal zwischen Wuppertal und Radevormwald zur Touristenattraktion werden soll. Das ist eine tolle Idee, und die Mitglieder haben bereits viel geschafft, auch wenn das viele Bürger nicht im Detail verfolgt haben. Es ist ein mühsamer Prozess, Brücken müssen saniert, Fördergelder akquiriert werden. Weil vieles unter dem Radar der Öffentlichkeit stattfindet, entsteht der Eindruck, auf der Strecke herrsche Stillstand und aus der Museumsbahn werde nichts mehr. Der ehemalige Wuppertaler SPD-Stadtverordnete Peter Hartwig hat nun deutliche Kritik an den Plänen geäußert. Seiner Meinung nach laufen die Mitglieder der "Wupperschiene" eine Illusion nach. Besser wäre es, die Trasse in eine Radstrecke umzuwandeln, die mit anderen beliebten Radwegen wie der Balkantrasse in Verbindung stehen würde. Auch diese Idee hat ohne Zweifel etwas für sich.

Die Reaktion der Bahnfreunde kann man nur vorbildlich bezeichnen. Anstatt zurück zu giften, wie es hierzulande üblich ist, laden sie den Kritiker zu einer Draisinenfahrt ein, bei der über das Thema gesprochen werden soll. Diese Art des Umgangs bei öffentlichen Debatten würde man gerne häufiger sehen.

(s-g)
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