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Neuss Shakespeare ist ein Afghane

Neuss · Mit viel Humor, einer guten Portion Frechheit und ansteckender Spielfreude zeigt die aus Kabul stammende Truppe Rah-e Sabz die "Comedy of Errors". Corinne Jaber hat die Komödie west-östlich in Szene gesetzt.

 Die Bühne im Globe blieb leer, Requisiten gab es bei der "Comedy of Errors" der afghanischen Truppe Rah-e Sabz kaum. War auch nicht nötig, denn die Schauspieler füllten den Raum allein mit ihrer Präsenz.

Die Bühne im Globe blieb leer, Requisiten gab es bei der "Comedy of Errors" der afghanischen Truppe Rah-e Sabz kaum. War auch nicht nötig, denn die Schauspieler füllten den Raum allein mit ihrer Präsenz.

Foto: pro Classics

Antipholus heißt Arsalan, Dromio Bostan, die Äbtissin Emilia Anissa, der Herzog ist ein Emir und der Schauplatz ist nicht Ephesus, sondern Kabul. Eine "Comedy of Errors", eine "Komödie der Irrungen", bleibt es trotzdem, was die Regisseurin Corinne Jaber mit ihrer Gruppe Rah-e Sabz auf die Bühne des Globe stellt. Ein echter Shakespeare, der sich auch unter den Gepflogenheiten des Nahen Ostens behauptet. Ohnehin sind die Theatermacher aus Kabul überzeugt: Shakespeare auch ein Afghane.

Auf jeden Fall funktioniert seine Komödie mit den beiden Zwillingspärchen Antipholus/Antipholus und Dromio/Dromio, die jeweils auseinandergerissen und in der neuen Paarung Antipholus/Dromio einmal in Syrakus und einmal in Ephesus stranden, auch dann wie geschmiert, wenn eigentlich kein Wort zu verstehen ist. Denn Rah-e Sabz, was Pfad der Hoffnung heißt, sprechen in ihrer Heimatsprache Dari. Und wenn das Gastspiel der Kabuler eines lehrt, dann dies: Mit Händen und Füßen, mit Mimik und Musik kann man sich immer verständlich machen.

Regisseurin Corinne Jaber ist in Deutschland und Kanada aufgewachsen, wohnt heute in Paris, arbeitet seit 2005 immer wieder mit Rah-e Sabz zusammen und verknüpft dabei auf sinnvolle Weise westliche Sichtweise mit den reichen Möglichkeiten östlicher Kultur. Sie hat der Komödie durch sinnvolle Streichungen eine klare Struktur gegeben, das Stück in die Gegenwart versetzt und nach Kabul verlegt, es frisch und frech in Szene gesetzt, mit Musik angereichert, und dafür Darsteller und Musiker gefunden, die in jeder Minute präsent sind.

Gekleidet sind sie in Kostüme, die die Designerin Zolaykha Sherzad der landesüblichen Tracht entlehnt (und dabei Bilder des meist elegant gekleideten afghanischen Staatschefs Karsai aufsteigen lässt). Gesten- und mimikreich spielen sie sich durch die Handlung, mit purer Lust auch an der Karikatur wie etwa bei Shah Mamnoon Maqsudi, der als mannstolles, vollbusiges Hausmädchen wahre Lachattacken auslöst. Undenkbar übrigens, dass er so in seiner Heimat spielen dürfte. Das gilt auch für die unverschleierten Frauen, die erotisch-witzigen Szenen zwischen Männern und Frauen, für den aufreizenden Auftritt einer frivolen Kurtisane.

So aber ist den Darstellern jede Sekunde der Spaß anzusehen, mit dem sie die Reaktionen ihrer Figuren bis ins Absurde drehen. Und doch spüren sie genau, wo Aufhören sinnvoll ist, lassen die Situationen nie ins Alberne abkippen.

Fast geht in ihrer ansteckenden Spielfreude unter, wie ernst das Thema des Stücks doch eigentlich ist. Die Suche nach verschollenen Familienmitgliedern wie eben die von Kaufmann Aegon aus Syrakus (hier: Ehsan aus Samarkand) nach seinem Sohn Antipholus (Arsalan) gehört zum Alltag in Afghanistan. Und längst nimmt das nicht immer ein so gutes Ende wie in dem Stück, in dem der Vater am Ende gleich zwei Söhne samt seiner totgeglaubten Frau Emilia wiederbekommt.

(NGZ/rl/url)
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